Was ist Kunst, oder, besser: Wann fängt etwas an, Kunst zu sein, etwas das zuvor alltäglicher Gegenstand und als solcher funktional ausgerichtet war? Hans-Peter Feldmann (1941-2023) hat diese Befragung zur Prämisse seiner Kunst erhoben. Damit hat er zugleich den Kunstbetrieb hinterfragt und seine Erwartungen unterlaufen. So hat er seine Werke nicht signiert und nicht datiert und seine kleinen, schmalen Bilderhefte, die er am Anfang seiner Karriere aus vorgefunden Fotografien thematisch zusammengestellt hat, in ihrer Auflage nicht ediert. Hans-Peter Feldmann hat seine Kunst aus Verwandtem entwickelt, das er in Sammlungen zusammengetragen hat: Alte Ramschgemälde vom Flohmarkt, die er nach bestimmten Kriterien übermalen ließ oder deren Rahmen er umdrehte, oder Zeitungscover, die am Tag nach „9/11“ weltweit erschienen sind. Das gilt auch für die Fotografien über das Lebensalter, indem er Menschen für jedes Lebensjahr beginnend kurz nach der Geburt und bis zum 100. Lebensjahr selbst fotografiert und als Fries ausgestellt hat. Sammeln und Zusammenstellen wird bei ihm zur vergleichenden Recherche über unser Leben, das Vergehen von Zeit und den Blick auf die Gesellschaft und ihre Kultur.
Ein wichtiger Aspekt in Feldmanns Umgang mit dem Unspektakulären, Gewöhnlichen ist die Präsentation. Das beginnt bei ihm mit dem Regal, in dem einige wenige Touristen-Postkarten der Landeshauptstadt Düsseldorf als Menge neben- und übereinander stehen, und setzt sich mit Sockeln, Glasstürzen und Vitrinen als Element der Nobilitierung fort. Und der Sichtbarmachung an der Wand, etwa bei den frühen Tableaux aus Fotoserien, die Privates öffentlich machen. Und was verbirgt ein roter Vorhang an der Gardinenstange? Trägt die Farbe dazu bei, dass wir ihm Beachtung schenken? Eine Fensteröffnung kann auch dahinter sein, mit der zwischen Innen und Außen vermittelt ist, aber das bleibt verborgen. Und wenn an einer blau gestrichenen Wand nichts zu sehen ist, nur die helleren Felder, an der offensichtlich zuvor Bilder gehangen haben, zusätzlich betont durch die Nägel? Gewiss kommen hier Zeit und Alterung zum Ausdruck. Und dann stellt sich heraus, dass die ausgesparten Rechtecke durch Spots künstlich gesetzt sind.
Je mehr Feldmann mit seinem Werk gegen den Kunstbetrieb vortrug, desto mehr wurde er von diesem geachtet. Als er 2010 den Hugo Boss Prize in New York erhielt, hat er seine Ausstellungswände im Guggenheim Museum mit dem Preisgeld über 100.000 Dollar in Form von Dollarnoten gepflastert: als feiner Kommentar zum Wert von Geld, zu seiner Sichtbarmachung, selbst da nicht ohne Humor. Die Ausstellung im Düsseldorfer Kunstpalast nun ist sie grundsolide und umfassend und vermittelt Feldmanns Werk auf präzise Weise. Und sie enthält auch sein wunderbares Schattentheater, bei dem unscharfe, gleitend tanzende Geschöpfe an der Wand von Nippes-Figuren auf Drehscheiben mittels Spots aus Lebensmitteldosen erzeugt werden.
Hans-Peter Feldmann. Kunstausstellung, bis 11. Jan. Kunstpalast im Ehrenhof, außerdem bis 15. November in der Konrad Fischer Galerie in Flingern
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