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Thomas Schütte, Ganz Große Geister, 1998–2004, patinierte Bronze, H je ca. 360 cm, Ausstellungsansicht Puntta della Dogana, Venedig 2025, © Thomas Schütte / VG Bild-Kunst Bonn
Foto: Luise Heuter

Mensch im Leben

Thomas Schütte in Venedig und Hürth

War es in der Böhm Chapel in Hürth das Cello und das Akkordeon, so war es im Monat davor in der Punta della Dogana in Venedig elektronische Musik, die zur Eröffnung spielte. Hier wie da war es ein zusätzliches Geschenk für die Gäste, zunächst anlässlich der Preview in der Pinault Collection. Stefan Schwander spielte in der zweigeschossigen Halle mit seinem Projekt „A Rocket in Dub“ kurz und inspirierend: Es war wie ein Initiationsritus, bei dem die drei in der Halle platzierten „Großen Geister“ auf ihren Stand-Schienen zum Leben er­wachten. Die Körper­hal­tungen wurden zwischen Strecken und Beugen bewusst und drückten Erstaunen, Hingabe, Dominanzgebaren, Aktion und Reaktion und vor allem eigenes, individuelles Dasein aus. In seinem Werk wendet sich Thomas Schütte der menschlichen Figur in einer Vielzahl von Materialien und Techniken, Größen, Körperausschnitten, Abstraktionsgraden und vor allem Gesichtsausdrücken zu. Als vornehmstes Sujet der Kunstge­schich­te ist sie hier soziales Wesen voller Emotionen und expressiver Mimik. Es ist wunderbar, dass in Venedig auch solche Werke wie die (tatsächlich) „Weinende Frau“ (1987-2010) wie eine Vera Ikon zurückgezogen in einer Ecke oder sozusagen auf dem Dachboden die angriffslustige Trinität der „Efficiency Men“ (2005) zu sehen sind. Dass Keramiken und kleinformatige farbige Skulpturen in besonderen Techniken aus Murano-Glas ausgestellt werden, die also ganz in der Nähe produziert wurden. Die Figur als Schwerpunkt des phänomenalen Bestandes zu Thomas Schütte in der Pinault Collection füllt mit den Fahnen und den Zeich­nungsfolgen die Räume und Säle dieses Ausstellungs­instituts bis auf einen, der den Architekturmodellen vorbehalten ist. Ebenso wie etwa die liegenden großen „Frauen“, die im Folkwang Museum in Essen für sich gewürdigt wurden, oder die großen Architekturmodelle, die hierzulande etwa in K21 in Düsseldorf und der Bundeskunsthalle Bonn zu sehen waren, treten sie jetzt – zwangsläufig – in den Hintergrund. Wie vielseitig, differenzierend, kaum zu überschauen, aber sehr konsequent sich Schüttes Werk seit den 1970er Jahren entwickelt hat, zeigt sich ein weiteres Mal. Dahingehend als Ergänzung – aber nicht nur das – wirkt die Aus­stellung in der Böhm Chapel in Hürth, die u.a. zwei „Ferienhäuser für Terroristen (Modell 1:20)“ (2006-07), im Außenbereich eine große, auf der Rückseite betretbare (Büdchen-) Version seines eigenen Grabmales (1981/2025) sowie Fotos von den Bewohnern eines Altenheims beinhaltet, die Schütte sehr früh aufgenommen hat und nun erstmals ausstellt: „Karneval im Altersheim“ (1974-75/2025). Der Mensch in seinen unterschiedlichen Verfasstheiten im ihn umgebenden Raum, als physisches und psychisches Wesen in einer krisengeschüttelten Gegenwart: Das ist das zentrale Thema des international ausgezeichneten großartigen Künstlers Thomas Schütte.

Thomas Schütte: in der Punta Della Dogana, Pinault Collection, Dorsoduro 2 in Venedig und in der Böhm Chapel, Hans-Böckler-Straße 170 in Hürth Kalscheuren.

In seiner eigenen Skulpturenhalle auf der Raketenstation Neuss ist derzeit das Werk von Reiner Ruthenbeck ausgestellt.

Thomas Hirsch

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