War es in der Böhm Chapel in Hürth das Cello und das Akkordeon, so war es im Monat davor in der Punta della Dogana in Venedig elektronische Musik, die zur Eröffnung spielte. Hier wie da war es ein zusätzliches Geschenk für die Gäste, zunächst anlässlich der Preview in der Pinault Collection. Stefan Schwander spielte in der zweigeschossigen Halle mit seinem Projekt „A Rocket in Dub“ kurz und inspirierend: Es war wie ein Initiationsritus, bei dem die drei in der Halle platzierten „Großen Geister“ auf ihren Stand-Schienen zum Leben erwachten. Die Körperhaltungen wurden zwischen Strecken und Beugen bewusst und drückten Erstaunen, Hingabe, Dominanzgebaren, Aktion und Reaktion und vor allem eigenes, individuelles Dasein aus. In seinem Werk wendet sich Thomas Schütte der menschlichen Figur in einer Vielzahl von Materialien und Techniken, Größen, Körperausschnitten, Abstraktionsgraden und vor allem Gesichtsausdrücken zu. Als vornehmstes Sujet der Kunstgeschichte ist sie hier soziales Wesen voller Emotionen und expressiver Mimik. Es ist wunderbar, dass in Venedig auch solche Werke wie die (tatsächlich) „Weinende Frau“ (1987-2010) wie eine Vera Ikon zurückgezogen in einer Ecke oder sozusagen auf dem Dachboden die angriffslustige Trinität der „Efficiency Men“ (2005) zu sehen sind. Dass Keramiken und kleinformatige farbige Skulpturen in besonderen Techniken aus Murano-Glas ausgestellt werden, die also ganz in der Nähe produziert wurden. Die Figur als Schwerpunkt des phänomenalen Bestandes zu Thomas Schütte in der Pinault Collection füllt mit den Fahnen und den Zeichnungsfolgen die Räume und Säle dieses Ausstellungsinstituts bis auf einen, der den Architekturmodellen vorbehalten ist. Ebenso wie etwa die liegenden großen „Frauen“, die im Folkwang Museum in Essen für sich gewürdigt wurden, oder die großen Architekturmodelle, die hierzulande etwa in K21 in Düsseldorf und der Bundeskunsthalle Bonn zu sehen waren, treten sie jetzt – zwangsläufig – in den Hintergrund. Wie vielseitig, differenzierend, kaum zu überschauen, aber sehr konsequent sich Schüttes Werk seit den 1970er Jahren entwickelt hat, zeigt sich ein weiteres Mal. Dahingehend als Ergänzung – aber nicht nur das – wirkt die Ausstellung in der Böhm Chapel in Hürth, die u.a. zwei „Ferienhäuser für Terroristen (Modell 1:20)“ (2006-07), im Außenbereich eine große, auf der Rückseite betretbare (Büdchen-) Version seines eigenen Grabmales (1981/2025) sowie Fotos von den Bewohnern eines Altenheims beinhaltet, die Schütte sehr früh aufgenommen hat und nun erstmals ausstellt: „Karneval im Altersheim“ (1974-75/2025). Der Mensch in seinen unterschiedlichen Verfasstheiten im ihn umgebenden Raum, als physisches und psychisches Wesen in einer krisengeschüttelten Gegenwart: Das ist das zentrale Thema des international ausgezeichneten großartigen Künstlers Thomas Schütte.
Thomas Schütte: in der Punta Della Dogana, Pinault Collection, Dorsoduro 2 in Venedig und in der Böhm Chapel, Hans-Böckler-Straße 170 in Hürth Kalscheuren.
In seiner eigenen Skulpturenhalle auf der Raketenstation Neuss ist derzeit das Werk von Reiner Ruthenbeck ausgestellt.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
„Kunst-Stücke“ Anna Schlüters Blick auf
REMIX 1, 2025 von Michael Schmidtmann
Charity Ausstellung Düsseldorfer KünstlerInnen
Vom 26.6. bis 13.7. im Weltkunstzimmer
Miriam Vlaming
Traumwandlerische Abwesenheit
„Kunst-Stücke“ Anna Schlüters Blick auf
THE CRADLE, 2025 von Yuhan Ke
New Design from Düsseldorf
Ausstellung von Absolvent*innen des Fachbereichs Design der Hochschule Düsseldorf im NRW–Forum
Im Dialog
Die Sammlung der Kunstakademie am Burgplatz
Petra Ellert
Mit Papier
„Kunst-Stücke“ Anna Schlüters Blick auf
JAGDSTILLLEBEN MIT KNÜPPEL, 2025 von Jonathan Ungemach
Eric Lanz
Vom Wesen der Dinge
Innen und Außen
Raimund Abraham auf der Raketenstation Hombroich
„Kunst-Stücke“ Anna Schlüters Blick auf
„HILDEGARD VON BINGEN“, 2024 von Heinke Haberland
Elisabeth Mühlen
Stille Sensationen
Rhythmus und Licht
Günther Uecker in der ZERO foundation
Düsseldorfer Nacht der Museen 2025
26.4.2025 Eine Stadt. Eine Nacht. Unendliche Möglichkeiten
FARBE UND LICHT. FOKUS AUF DIE SAMMLUNG
Die aktuelle Ausstellung im Museum Ratingen
„Kunst-Stücke“ Anna Schlüters Blick auf
„TYPEFACE: K“, 2022 von Hyeju Lee
Ein Jahr Galerie „Kiek ma rin“ in Erkrath
Ein Grund zum Feiern!
200 Jahre Düsseldorfer Karneval im Blick
Ulrich Fürneisen
Eine Landschaft
Schnell und entschleunigt
Harald Naegeli im Bilker Bunker
Kunst aus Verantwortung
Katharina Sieverding in K21
Ari Benjamin Meyers
Die Wirkung von Gesang
Jürgen Grölle
Assoziierte Landschaften
Avantgarde in der Malerei der sechziger Jahre
Konrad Lueg im Kunstpalast
Siegfried Anzinger
Mit der Figur