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Zerfaserte Holzplatten, Glas, Salzwassergemisch, Seiden- und Japanpapier, Tinte, 135 x 30 x 30 cm
Foto ©: Laura Maria Görner

„Kunst-Stücke“ Anna Schlüters Blick auf

WAS BLEIBT…? 2025 von Laura Maria Görner

Sanft schweben zarte, mit blauer Tinte beschriebene Fetzen von Japan- und Seiden­papier in einem großen Glas, das sich am oberen schmaleren Rand öffnet. Manche Papiere liegen am Boden, wo sich die transparent blaue Färbung des Wassers verstärkt zeigt. Wie ein Labor mutet die Arbeit an: Nichts scheint fixiert zu sein, nicht die Tintenschrift auf den Blättern, nicht das Blau, das sich vom Blatt gelöst hat und nun das Wasser erobert. Nur das Glas bietet dem Geschehen einen festen Rahmen und lässt neugierige Blicke sein Inneres durchdringen. Manche Wortfetzen sind dem Lesen preisgegeben, andere haben ihre lesbare Gestalt verloren. Beobachtet man das Glas eine Weile, so halten sich manche Papierfetzen lange an der Wasseroberfläche, andere sinken schneller zu Boden.
Laura Maria Görner hat dem reinen Wasser Salzwasser und Glyzerin zugefügt. Diese verändern die molekulare Struktur des Wassers, sie machen es zähflüssiger. So bestimmen sie darüber, wie sich das Papier bewegt und wie die Tinte sich mischt, konzentriert oder verwässert. Es sind physikalisch manipulierte Vorgänge, die das Erscheinungsbild im Innern des Glases steuern. Diese Prozesse erinnern in umgekehrter Richtung an die Funktion von Flüssigkeit beim Entwickeln analoger Photos. Da werden durch physikalische und chemische Reaktionen Bilder auf ein Papier fixiert. Bilder oder Schrift festhalten heißt, Vergangenheit in die Gegenwart zu überführen. In Laura Maria Görners Arbeit geht es darum, die miteinander verbun­denen Komponenten Papier und Tinte zu lösen, so dass der ihnen einmal mitgegebene Sinn sich verflüssigen kann. Der Werktitel WAS BLEIBT….? fragt ganz kon­kret nach dem Resultat.
Anmutig und fast geheimnisvoll wirkt das Gefäß mit seinem flüssigen Blau. Glas, dünn und transparent, erlaubt als einziger fester Bestandteil die visuelle Wahrneh­mung von Fragilität und Zartheit im Transformationsprozess. Man mag sich an den Satz „Panta rhei“ erinnert fühlen, den man Heraklit zugeschrieben hat, der im fünften Jahrhundert vor Christus lebte. Er wird immer wieder gern zitiert, wenn man feststellt, dass sich fest geglaubte Verhältnisse geändert haben. „alles fließt“, nichts bleibt wie es ist. Die Arbeit von Laura Maria Görner führt diese Sicht in ihrer Aktualität voller Poesie vor Augen.

www.lmgart.de

Anna Schlüter

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