Jetzt kann man sie wieder zusammen sehen, die Asche-, Schlacke-, und Papierhaufen, die zu den markanten Objekten von Reiner Ruthenbeck zählen – innerhalb eines Werkes, das auf kleine elementare Gesten abzielt und die physischen Gesetze der Schwerkraft befragt. Das Spektakuläre bei Ruthenbeck liegt im Unspektakulären und in der Stille, die Situationen im Übergang zeigt. Als Bildhauer, der mit seinen „armen“ Materialien Bezüge zur Arte Povera und seinen reduzierten, auf die Geometrie bezogenen Flächen und Volumina Anklänge an die Minimal Art aufweist, zählt Ruthenbeck zu den bedeutenden Künstler:innen der letzten Jahrzehnte in Deutschland.
Umso verdienstvoller ist das Engagement von Thomas Schütte, ihn in seiner Skulpturenhalle museal zu präsentieren. Zu Lebzeiten hat Ruthenbeck seine Ausstellungen in Installationen verwandelt, die den Betrachter in seinen Laufwegen und Perspektiven sachte gelenkt haben. Der Parcours nun enthält zentrale Formkonstellationen, und auch jetzt offenbart sich der Zauber dieser Objekte mit ihren ausgeloteten Abweichungen von der Realität hin zu einem unterschwelligen Surrealismus. Das gilt etwa für den „Tisch auf gelber Kugel“ (1984). Der Tisch ist weiß, die Kugel gelb. Ein Bein liegt auf ihr auf, wodurch sich, auf einer Waagerechten, das andere erhebt. Der Tisch ruht in der Schrägen auf der Kante der beiden anderen Beine auf dem Boden. Dinge, die normalerweise auf dem Tisch liegen, würden herunterrutschen. Durch die Dysfunktionalität geraten die Formen selbst in den Blick, in ihrer Schönheit, Geometrie, ihrem Pragmatismus. Und was ist überhaupt der Sinn der runden Form? Dabei wirkt das Arrangement hoch fragil, befragt wird die Aktion des Rollens.
Ähnlich verblüffend sind die Aschehaufen, bei der Vierkantrohre aus der tiefschwarzen Asche ragen. Auch das ist seltsam. Und so wie der Kegel dicht, geschlossen ist, ermöglichen die industriellen Formen die Ein- oder gar Durchsicht. Erneut treffen Polaritäten wie Ruhe und Dynamik, fragil und stabil, organisch und kantig aufeinander bei Formen, deren Zueinander sich nicht erklärt und die hier nun transitorisch wirken. Schon die Asche scheint schichtenweise zu rutschen.
Reiner Ruthenbeck wurde 1937 in Velbert in geboren, er hat bei Joseph Beuys studiert und hatte später selbst eine Professur an der Kunstakademie Münster inne. Vielfach ausgezeichnet, ist er 2016 in Ratingen gestorben, wo er in einem ehemaligen Ballettstudio in Hösel sein Atelier hatte. Ruthenbeck hat als Fotograf begonnen, der die Düsseldorfer Kunstszene und die Altstadt dokumentiert hat und bei einem frühen Parisaufenthalt irritierend stille Fotografien aufgenommen hat. Auch davon ist einiges in der Skulpturenhalle zu sehen, getrennt von den Objekten, aber mit Verweisen auf diese – und umgekehrt.
Reiner Ruthenbeck, bis 7. Dezember in der Skulpturenhalle der
Thomas Schütte Stiftung, Raketenstation, Berger Weg 16 in Neuss/Holzheim, www.thomas-schuette-stiftung.de
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