Der Kunstpalast im Ehrenhof arbeitet bei seinen Ausstellungen mit überraschenden, frischen Perspektiven. So waren schon zur (Neu-) Eröffnung des Museums 2001 Altäre aus verschiedenen Kulturkreisen ausgestellt. Und das zeigt sich ganz aktuell in der Neupräsentation der Sammlung, in der Artefakte aus verschiedenen Kulturen ebenso wie aus Kunst und Design aufeinandertreffen und das überwiegend auch funktioniert. Mit Felix Kraemer als Museumschef hat sich ohnehin, konform mit dem Wandel des Kulturbegriffs, der Blick auf das, was „ausstellungswürdig“ ist, und wie es wahrgenommen wird, verschoben. Design hält Einzug ins Museum. Skulptur darf – im Ausnahmefall – berührt werden: in der derzeitigen Ausstellung mit Tony Cragg. Zu sehen und zu berühren sind Skulpturen aus sehr verschiedenen Materialien, reizvoll noch durch die farblichen Nuancen und die Strukturen, die teils der Anamorphose folgen, und dann klärt sich auch weiter, weshalb Cragg der anregende Bildhauer ist, der er ist. Klar, ein gewisser didaktischer Impetus ist mit dieser taktilen Ausstellung wie auch bei den Gegenübersetzungen in der Sammlungspräsentation verbunden, eine Schulung des Sehens, Begreifens und Kombinierens.
Auf ein Phänomen der Optik, das sich wiederum Fotograf:innen zunutze machen, macht parallel dazu die atemberaubend inszenierte Schau „Size Matters“ aufmerksam. Sie widmet sich dem Umstand, dass der Fotograf seine Objekte zunächst als Datenmenge aufnimmt und dann selbst das Format des Abzugs festlegt. Die Fotografie, die vorgibt, Realität dokumentarisch abzubilden, ist hier auf Inszenierungen der Größenverhältnisse und deren Verschiebungen und Vortäuschungen angelegt, auch durch das Verfahren der Montage. „Size Matters“ stellt derartige verbreitete Strategien und Verfahren der Fotografie in einzelnen Kapiteln anhand fotografischer Werke überwiegend aus der Museumssammlung vor. Darunter sind faszinierende großformatige Einzelbilder von Andreas Gursky oder Jan Dibbets, die mit Tiefenschärfe und Auflösung hin zur Abstraktion arbeiten, oder eine Fotostory von Duane Michals und der Zoom von Erinnerungsfotos von Morgaine Schäfer, die dazu beitragen, dass die Ästhetik und das Staunen – und das Geheimnis – in all der Theorie nicht verlorengehen. Großartig sind auch die Einblicke in die Konzeption der Porträtfotografie von Thomas Ruff und die Beispiele zur Aufnahmetechnik der Astronomie mit ihrem Wechselspiel von Nähe und Ferne, erweitert noch um zwei figürlich angelegte Spiegelobjekte von Simon Starling.
Und wenn der Fotograf andererseits beim Aufnehmen extrem nahe an sein Objekt herangeht oder die Bilderflut des Internets den Betrachter tatsächlich raumgreifend umfängt? Auch das ist in dieser Ausstellung der Fall, und der Ausstellungsbereich im Erdgeschoss wird dazu – diesmal – richtig gut aktiviert.
Size Matters. Größe in der Fotografie bis 20. Mai im Kunstpalast im Ehrenhof, Di-So 11-18 Uhr, Do bis 21 Uhr
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