Es sind archaisch anmutende Signale, die den Blick in dieses altmeisterlich fein gemalte Bild hineinziehen. Blutflecken prangen am Rande einer gebügelten weißen Damastserviette, unter der mit altem Paketgarn abgebunden der im Titel genannte „Knüppel“ steckt. Er lässt seiner Bezeichnung und seiner Gestalt nach auf einen Penis schließen. Paketgarn und Falten erscheinen mit ihren Schatten plastisch greifbar und spielen gekonnt mit Illusion und Realitätsanspruch. Das Damastmuster der Serviette zeichnet sich präzise ab. Die Damastwebtechnik ist schon im frühmittelalterlichen Byzanz bezeugt. So verweist das dargestellte Material auf eine alte Kultur und verbindet sich gleichzeitig mit dem bürgerlichen Anspruch auf gepflegte Häuslichkeit.
Auch das Sujet von Jonathan Ungemachs Gemälde steht in einer langen Tradition. Stillleben mit ihrem Akzent auf Reichtum und Andeutungen von Vergänglichkeit finden seit dem frühen 16. Jahrhundert ihre Liebhaber in feudalen und bürgerlichen Interieurs. Ihre verschlüsselte Symbolik birgt oft moralische Kernsätze. Detailgenauigkeit, Farbnuancierung und Lichtführung gelten als Indizien des malerischen Könnens, gleich ob Früchte, Preziosen oder Tiere dargestellt sind. Jagdstillleben zeigen erlegtes Wildbret, ohne den Jäger bildlich einzubeziehen. Da findet das getötete Animalische seinen kultivierten Platz. In Ungemachs Jagdstillleben ist das Animalische als Sexualität verkörpert. Der „Jäger“ bleibt auch hier verborgen. Seine Präsenz ist im Bildtitel und malerisch nur verdeckt herausgestellt.
Ein simuliertes Kärtchen im Bild, wie es in alten Gemälden oft Urheberschaft und Datierung anzeigte, ist hinter der oberen Serviettenkante zu finden. Es hält jedoch nicht Signatur und Datum bereit, sondern – kaum sichtbar - drei zart skizzierte männliche Oberkörper. Anstelle der Köpfe fingiert die Malerei jeweils rechteckige Ausschnitte im Papier. Die Darstellung des Unsichtbaren tritt abermals in den Fokus und nährt die Sehnsucht nach offenem Zeigen. Wie ein Myzel mögen Verborgenes und die deutlich sichtbaren Blutflecken miteinander verflochten und nur unterschwellig in ihrer Verbindung nachweisbar sein. Ist der „Knüppel“ Täter oder Opfer? Wer wurde erlegt? Eine moralische Aussage entfällt ebenso wie eine inhaltliche Erklärung. Gewalthaftes und äußerst Kultiviertes finden in diesem Gemälde diskret und faszinierend zueinander.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Die Stunde der Sammler
Die Sammlung Miettinen in der Philara Collection in Flingern
„Kunst-Stücke“ Anna Schlüters Blick auf
SEE YOU DOWN BELOW THE SNOW MOUNTAIN von Ana Korkia
Albrecht Fuchs
Eins mit dem Raum
„Kunst-Stücke“ Anna Schlüters Blick auf
REMIX 1, 2025 von Michael Schmidtmann
Charity Ausstellung Düsseldorfer KünstlerInnen
Vom 26.6. bis 13.7. im Weltkunstzimmer
Miriam Vlaming
Traumwandlerische Abwesenheit
Mensch im Leben
Thomas Schütte in Venedig und Hürth
„Kunst-Stücke“ Anna Schlüters Blick auf
THE CRADLE, 2025 von Yuhan Ke
New Design from Düsseldorf
Ausstellung von Absolvent*innen des Fachbereichs Design der Hochschule Düsseldorf im NRW–Forum
Im Dialog
Die Sammlung der Kunstakademie am Burgplatz
Petra Ellert
Mit Papier
Eric Lanz
Vom Wesen der Dinge
Innen und Außen
Raimund Abraham auf der Raketenstation Hombroich
„Kunst-Stücke“ Anna Schlüters Blick auf
„HILDEGARD VON BINGEN“, 2024 von Heinke Haberland
Elisabeth Mühlen
Stille Sensationen
Rhythmus und Licht
Günther Uecker in der ZERO foundation
Düsseldorfer Nacht der Museen 2025
26.4.2025 Eine Stadt. Eine Nacht. Unendliche Möglichkeiten
FARBE UND LICHT. FOKUS AUF DIE SAMMLUNG
Die aktuelle Ausstellung im Museum Ratingen
„Kunst-Stücke“ Anna Schlüters Blick auf
„TYPEFACE: K“, 2022 von Hyeju Lee
Ein Jahr Galerie „Kiek ma rin“ in Erkrath
Ein Grund zum Feiern!
200 Jahre Düsseldorfer Karneval im Blick
Ulrich Fürneisen
Eine Landschaft
Schnell und entschleunigt
Harald Naegeli im Bilker Bunker
Kunst aus Verantwortung
Katharina Sieverding in K21
Ari Benjamin Meyers
Die Wirkung von Gesang