Strahlend weiß ragen sechs gleichartig geschnittene Silhouetten schlanker junger Männer kreisförmig in den Raum hinein. Sie hängen jeweils mit ihren Oberarmen wie in einem Karussell an einem mittleren Pol und tippen nur mit den Fersen auf den Boden. Jede Silhouette von ca. 250 cm Höhe zeigt in fein konturierten Ausschnitten Merkmale erotischer Anziehungskraft: Achselhaare, Brustwarzen, Nabel und die Andeutung des männlichen Glieds als deutlich wahrnehmbar unter dem Hosenstoff. Sonnig gelb gemalte Schlappen ziehen den Blick nach unten und verleihen den Füßen erhöhte Aufmerksamkeit. Die männlichen Figuren wirken mit ihrem durchhängenden freien Oberkörper entspannt und anrührend zart. Auch die Hände ruhen in absichtsloser Haltung. Der Mund ist leicht geöffnet, die Augen sind unkenntlich gemacht. Die Physiognomie lässt keine emotionale Regung erkennen. Die Kappe auf dem Kopf scheint weniger funktionsbedingt als lässig stilbewusst begründet.
Die Wirkung der raumgreifenden Skulptur oszilliert zwischen sakraler Erhabenheit und einem nonchalanten Verweisen auf eine queere Gruppenidentität. Das liegt zum einen an der Ordnung der symmetrisch unterteilten, kreisförmigen Anlage, wie sie Rosetten in der Architektur eigen ist und zum anderen an der Reinheit heischenden Farbe Weiß. Die Rosette ist ein geradezu unabdingbarer Bestandteil der westlichen Fassade gotischer Kathedralen. Sie schmückt die Seite, auf der die Besucher das Bauwerk betreten. Die Rosette ist ebenso im erotischen Vokabular ein fester Begriff. Der Bildtitel birgt die Doppeldeutigkeit und kündigt mit der Nummer I an, dass weitere Varianten folgen werden. ‚contemplare‘, das konzentrierte oder fast mönchisch aufgefasste Betrachten, gilt der Versenkung in die Wirkung der Rosette, sei es im sakralen oder erotischen Kontext. Die Farbe Weiß in Kombination mit dem leuchtenden Gelb als Akzentuierung des Fetischs Fuß verleiht der Figurengruppe eine heitere, unbefangene Note, die die Gedankenverbindung von Weiß mit sittlicher Reinheit in der Balance hält.
Die abwägende Wahrnehmung von Stillstand oder Bewegung des Figurenkarussells unterstützt das Pendeln der Assoziationen und verleiht der Aussage etwas zeitlos Spielerisches.
„Kunst-Stücke“
In dieser Reihe schreiben Studierende der Kunstgeschichte an der H.-Heine-Universität Düsseldorf über Kunstwerke Düsseldorfer Künstler und Künstlerinnen.
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