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Frau Liese wünscht,

dass diese Seite ein Lichtsammelplatz wird. Das Neue Jahr hat dunkel genug begonnen und Pessimisten schauen düster in die Zukunft.

Zwei Kriege – und am Ende des Jahres bedroht eine Wiederwahl des Irren ins Weiße Haus die ganze Welt, sollte Trump nicht vorher ins Gefängnis wandern. Gaza muss endlich von der Hamas frei werden und Israel sich seiner mitregierenden Rechtsradikalen entledigen.

Wo ist denn da noch Licht?! Das Licht wird scheinen, wenn am Wochen­ende, egal bei welchem Wetter, Zehntausende für unsere Demokratie auf die Rheinwiesen ziehen. Da dämmert vielleicht die Erkenntnis allen Nationalisten: Wir sind ja gar nicht die Mehrheit!

NIE WIEDER IST JETZT und WE REMEMBER. Wir erinnern uns an den Verfasser eines mu­tigen Kinderromans (Emil und die Detek­tive), der bitter resümierte:
„Die Ereignisse von 1933 bis 1945 hätten spätestens bis 1928 bekämpft werden müssen. Später war es zu spät. Man darf nicht warten, bis der Freiheitskampf Landesverrat genannt wird. Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf.“ (Erich Kästner)

Emil war nicht allein, und wir sind, wenn wir uns bewegen, auch nicht allein. Bei Licht gesehen sind diese Hinterzimmernazis doch nur rollende Schneebälle, die von uns auf der Straße, in Schulen, in Kindergärten – und mit Mitteln der Justiz zu ungefährlichen braunen Pfützen verwandelt werden können. Bei Licht gesehen bleibt uns dann immer noch genug Arbeit für die Abwendung der Klimakatastrophe und für eine gerechtere und friedlichere Gesellschaft. Ich sehe große Heraus­for­derungen, aber auch große Chancen. Bin ich Optimistin? Wenn ich zu pessimistisch denke, so dass ich keine Spielräume mehr entdecken kann, wenn ich lahm und starr werde, dann helfen mir oft die richtigen Bücher. BUCH MACHT KLUCH, war früher auf meiner Büchertragetasche gedruckt. Die – und den Buchladen auf der entseelten Friedrichstraße  – gibt es leider nicht mehr.

Kästner hilft immer – Astrid Lindgren auch; z.B. „Die Menschheit hat den Verstand verloren“ Tagebücher 1939 – 1949 (Ullstein 2015). Dieses Buch hat eine große Aktualität und erzählt, trotz aller Betroffenheit, auch von einem großen Appetit auf Leben. 1944 erstand im Krieg ein durch und durch robustes Friedensbengelchen PIPPI LANGSTRUMPF. Ein Geschenk für ihre Tochter – und ein Riesengeschenk – bis heute – für uns alle.

Das sehr geliebte Schauspielhaus verschaffte mir, wie so oft, hohen “WiederLesenGenuss“: Nach der turbulenten, hinreißenden CABARET-Aufführung habe ich mich sehr für eine grandiose Neuübersetzung begeistert: LEBWOHL, BERLIN. (C. Isherwood Atlantik 2019)

Ebenso musste ich unbedingt DAS KUNSTSEIDENE MÄDCHEN von Irmgard Keun wieder lesen, nachdem ich im Foyer des Schauspielhauses doch tatsächlich zunehmend ergriffen dem Monolog von Pauline Kästner folgte – fast so als hätte ich die Geschichte zum ersten Mal gehört. Die Geschichte der jungen Doris, die auch mal gesehen werden wollte – ein richtiger „Glanz“ wollte sie sein. Will das nicht eigentlich jeder und jede im Leben?

Die Neuausgabe des Romans (Ullstein 2023) lohnt sich zu kaufen, denn allein die beiden Nachworte sind ein „Glanz“. Was Irmgard Keun ihrer Doris in den Mund legte, das empfinde ich genauso, nur dass ich dabei an meine Altstadt denke – und nicht an Köln.

„Ich hatte bekannte Straßen bei euch mit Steinen, die guten Tag sagten zu meinen Füßen, wenn sie darauf traten.“ Immer wenn ich fort war von Düsseldorf, kam irgendwann genau dieses Gefühl – und das zog mich zurück nach Hause.
Von zu Hause, aus Wien, wurde die 12jährige Erika von den National­sozialisten vertrieben. Allein, ohne Eltern, musste das jüdische Kind fliehen. Es wurde zu New Yorks prominentester Psychotherapeutin. Heute lebt Erika Freeman (96) wieder in Wien. Einen „Lebensroman“ hat Dirk Stermann, ein bekannter ORF Moderator, sein Buch über die Freundschaft zu der unglaublich luziden Erika und ihrem unglaublichen Leben genannt. Es enthält Weisheiten, die ich mir gut sichtbar aufhängen werde. Frau Liese wünscht dieser Frau noch viele gesunde Jahre im vornehmen Hotel Wiener Imperial. Vergnügt erzählt sie: „Meine Rache an Hitler. Er war nur einmal im Imperial. Ich wohne hier.“

Dieser Satz, auch von ihr, ist schon seit 4 Jahren mein täglicher Begleiter: „Unglücklich zu sein macht dich auch nicht schlauer“. Gelesen hatte ich den 2020 im ZEIT Magazin (MAI). Ich bewege es in meinem Herzen. Das nächste Buch auf meinem Nachttischchen wird sein: Dirk Stermann: „Mir geht’s gut, wenn nicht heute, dann morgen.“ (Rowohlt)

Ist Annie Ernaux, die überragende Schriftstellerin, trotz Erfolg und Nobel­preis, vielleicht unglücklich? Geht es ihr nicht gut? So richtig schlau finde ich ihre Unterschrift unter einer dubiosen BDS-ähnlichen Boykott­erklärung nicht. STRIKE GERMANY kursiert im Netz. Und bestreikt werden sollen deutsche Kultur­insti­tu­tio­nen, die vermeint­lich freie Meinungs­äuße­rungen zur Befreiung Pa­läs­tinas unterdrücken, keine Steu­er­gelder für israelkritische Kunst raus­rücken wollen und sich nicht von der Anti-BDS-Resolution (2019 ver­abschiedet im Bun­des­tag) distanzieren. Die­se sei effektiv „Ein Instr u­ment des strukturellen Rassis­mus“ (so die Tonart der Kampagne). Sollte vielleicht das Zentrum für Politische Schönheit dahinter stecken? Ich erinnere mich noch mit Schaudern an die „Gedenksäule“ vor dem Reichstag, in der sich angeblich Asche von ermordeten KZ-Häftlingen befunden haben sollte.

How ever! Madame Ernaux befindet sich derzeit nicht unter meinen Lieblingsautorinnen, aber auf Seite 41 lesen Sie eine ausgezeichnete Rezension zu ihrem zuletzt in Deutschland erschienen Werk. Den Suhrkamp Verlag und bereits geplante Veranstaltungen will die Autorin nicht bestreiken.

Zum Schluss wünscht Frau Liese allen ein sonniges, friedliches und fröhliches Karnevals-Feiern. Tilly wird uns sicher hellwach machen mit seinen gelungenen Provokationen und mein besonderer Lichtblick wird der auf den Toleranzwagen sein. AUF DAS LEBEN!

Ingrid Liese

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