Endlich kommt die international gefeierte Choreografin Anne Teresa De Keersmaeker mit ihrer Kompanie Rosas zurück ans tanzhaus nrw. Ihr neues Stück in Zusammenarbeit mit Radouan Mriziga bezieht sich auf Vivaldis berühmtes Werk Die vier Jahreszeiten. Der italienische Titel des Tanzstücks erscheint erstmal sperrig: Il Cimento dell’Armonia e dell’Inventione. Übersetzt bedeutet er: Das Wagnis von Harmonie und Erfindung oder auch der Kampf von Harmonie und Erfindung. Es handelt sich dabei um den Titel der Sammlung von zwölf Konzerten Vivaldis, in der Die vier Jahreszeiten den Anfang bilden. Der mitreißende ‚Barock-Hit‘ ist eines der am häufigsten wiedergegebenen Werke des klassischen Repertoires – und eine eindrucksvolle Ode an die Natur. Doch wie arbeiten Keersmaeker und Mriziga mit der Vertrautheit dieser Musik? Was kann sie uns heute offenbaren? Im Wechselspiel mit dem bekannten Werk und den vielen Assoziationen und Emotionen, die es hervorruft, entfalten vier virtuose Tänzer*innen unterschiedlicher Tanzstile und Generationen ein komplexes Bewegungsrepertoire von beeindruckender Schönheit. Mal behutsam wie sanfter Wind, mal energiegeladen wie ein Gewitter arbeiten sie sich zum Höhepunkt der Partitur vor – und deuten dabei Zyklen, Muster und Rhythmen immer wieder neu. „90 magische Minuten, gefüllt mit Tanzbildern in allen Stilen, bis hin zu fantastischen Breakdance-Nummern, vergehen im Flug“, schreibt Ditta Rudle in der Tanzschrift. „Die Choreografie ist, wie die Interpretation der Musik, so plastisch, dass man die Hitze der Sonne, die Kälte des Winters spürt, das Flackern des Feuers, das Knirschen des Eises vernimmt, das Bellen der Hunde und Singen der Vögel hört und die Jäger im Wald oder die schlafenden Hirten im Gras sieht. In der Stille sind die Passagen abstrakt, hier wird De Keersmaekers Handschrift deutlich.“
„Vivaldi macht die Natur theatralisch“, meint Keersmaeker. „Er hatte offensichtlich viel Spaß beim Schreiben der Vier Jahreszeiten.“ Und der sei, so die Rezensentin Ditta Rudle, neben Tiefsinn und Transzendenz auch dem Publikum gestattet: Es dürfe geschmunzelt und gelacht werden.
Gleichwohl thematisiert das Tanzstück die Verletzlichkeit der Natur und unser sich wandelndes Verhältnis zum Klima angesichts der ökologischen Katastrophe der Gegenwart. Steigende Wasserstände bedrohen heute Venedig, den Ort, an dem Vivaldi Die Vier Jahreszeiten komponierte. „Haben wir überhaupt noch vier Jahreszeiten?“, fragt sich Keersmaeker angesichts der aktuellen Klimaveränderungen. „An welche Art von Vergangenheit erinnern wir uns? Welche Art von Zukunft stellen wir uns vor? Diese Musik wurde vor mehr als 300 Jahren geschrieben. Sie steckte voller Überraschungen für uns. Sie stellt den Menschen angesichts der Natur als einsam, ängstlich und machtlos dar. Ihr Gegenstand ist einfach, für jede*n nachvollziehbar. Gleichzeitig ist sie vieldimensional. Sie präsentiert mehrere Schichten: technisch, aber auch die Geschichte betreffend, darin, wie sie Natur repräsentiert, und wie sie Zeit und Raum organisiert.“ Il Cimento dell’Armonia e dell’Inventione ist das absolute Tanzhighlight im November – am besten schnell Tickets für die zwei Vorstellungen am 14. und 15.11. sichern.
Tanzbegeisterte aufgepasst: Direkt vor der Düsseldorfer Premiere von Il Cimento dell’Armonia e dell’Inventione am 14.11. findet eine öffentliche Probe der Kölner Choreografin Reut Shemesh statt. Der Eintritt ist frei. In ihrem neuesten Stück ELECTRAS beschwören Reut Shemesh und ihr Team die Figur der Mutter als eine Mischung aus Drache, Cyborg und Ernährerin herauf: wild und widerstandsfähig, unerschrocken und oft müde. Ein Körper voller Widersprüche: erschöpft und doch unaufhaltsam, zerbrechlich und doch unnachgiebig. Die Uraufführung von ELECTRAS findet dann am 21.11. im tanzhaus nrw statt.
Erlebe Tanz in Düsseldorf: www.tanzhaus-nrw.de

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