Endlich wieder gibt es das Werk von Bertram Jesdinsky (1960-1992) zu sehen. Nach seinem frühen Tod fand ab 1996 eine retrospektive Ausstellung im Kunstmuseum Düsseldorf, in Düren und Freiburg statt, die vor Augen führte, was für ein einzigartiges Talent er besaß und wie sehr er, der Meisterschüler von Alfonso Hüppi an der Düsseldorfer Kunstakademie, in Museumskreisen geschätzt wurde. Danach wurde es still um die Malereien, Zeichnungen und Skulpturen. Aber selbst jetzt, in der ersten größeren Einzelausstellung seit langem, wirkt alles frisch und experimentell, als wäre es gerade aus dem Atelier gekommen. Den Kontext zum Zeitpunkt der Entstehung bildeten die Graffiti der Street Art (tatsächlich hat er selbst welche in Düsseldorf gesprayt) und der impulsive Duktus der Jungen Wilden, vielleicht sogar die scherenschnittartige Malerei der französischen Künstler in diesem Umfeld. Jesdinskys Bilder wirken mitunter wie Comics, Wimmelbilder und Bildergeschichten, zumal die Perspektiven kippen und die Akteure im dichten Straßenverkehr Tierwesen sind, die bei aller Vereinfachung Empathie und Charakter besitzen und sich genau in Szene setzen. Neben zwischenmenschlichen Beziehungen mit ihren Rivalitäten und ihrem Begehren geht es um zivilisatorische Fragestellungen, um Übervölkerung und Verkehrsdichte und das Aufeinanderprallen von Großstadt und Natur.
In der Skulpturenhalle der Stiftung von Thomas Schütte beginnt die Ausstellung im Kuratorenzimmer mit den Kleinskulpturen, die ab 1980 entstanden sind und veranschaulichen, wie differenziert und sorgsam sich Jesdinsky einzelnen technischen Gegenständen angenähert und auf ihre Substanz, ihr Funktionieren und ihr Eigenleben hin befragt hat. In der Haupthalle stehen und liegen die Tiere in Lebensgröße, hergestellt mit Pappe, Metall, teils in Verbindung mit Stoff, Silikon und Holz oder Epoxydharz, die ebenfalls eine fantastische Feinheit im Ausdruck kennzeichnet, etwa wie ein großer Bär mit einer Haut aus Camouflage-Flecken mit übermalten 5 Mark-Stücken überzogen ist. Oder wie verbogene Eisenteile zu einem Hirschgeweih werden, oder wie eine Giraffe ein Zepter mit ihrer Klaue hält. Wie die Tiere blicken … Auch neben und nach dieser wunderbaren Ausstellung ist ein Werk quasi rund um die Uhr in Düsseldorf sichtbar, im Untergrund der U-Bahnstation Heinrich-Heine-Allee: ein Gemälde, an dem die U-Bahnen vorbeirauschen, Stand heute zu sehen mit Mundschutz und, im Falle der Fahrzeugnutzung, mit einem 9,- Euro-Ticket – es passt alles zum erstaunlichen Werk von Jesdinsky und seiner vorausschauenden Welt, die aus den Fugen geraten ist.
Bertram Jesdinsky bis 7. August in der Skulpturenhalle / Thomas Schütte Stiftung neben der Raketenstation Neuss-Holzheim, 02182 829 85 20
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