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Creating Digital Success
© Mareike Foecking, Düsseldorf

Mareike Foecking

Bilder als Texte, Texte als Bilder

Halb versteckt in einer der hintersten Ecken des NRW-Forums hängt eine Farb­­­fotografie, die eine Schlüsselstellung im Werk von Mareike Foecking einnehmen könnte: Ein junger Mann mit Bart, Base­ballkappe, mit tätowierten Armen steht einer weißen Wand zugewandt, das weiße T-Shirt trägt den Aufdruck: „Making the / internet of / things into / The internet of / US !“ Der Fotoausdruck ist an Nägeln auf Blickhöhe befestigt. Links daneben fokussiert eine Aufnahme von oben einen Mann im Anzug, der seine Hand mit einem implantierten Chip einem Jour­nalisten mit einer Fernsehkamera zeigt. Auf einem Foto weiter links taucht erneut der Mann im T-Shirt auf, sitzend an einem Tisch und nun einem anderen einen Chip implantierend. In wieder einem anderen Foto zu dieser Cyborgmesse ist als Teil eines Logos zu lesen: „be different. / feel like a machine.“ - Der Titel dieser vielteiligen Werkgruppe lautet: „This is about Photography“.

Die konzeptuell motivierte Kunst von Mareike Foecking ist assoziativ, dabei formal präzise und exakt in ihrer Aussage. Von Mal zu Mal bezieht sie Schrift ein und arbeitet mit Un­­schär­­fen oder Spiegelungen. Sie wechselt von Farbe zu schwarz-weiß und vom lapidaren Print mit weißem Rand zum ganzflächigen Diasec, ebenso wechseln die Formate. Und immer handelt es sich um ein klares Bekenntnis zur Fotografie. Mareike Foecking fotografiert analog und digital. Ihre Bilder findet sie im Kontext ihrer aktuellen Werkgruppen, sie lässt sich aber auch auf zufällige Situationen in der Tradition der Street­photography ein. Es geht ihr nicht nur um das einzelne Bild, sondern genauso um die Zusammenhänge innerhalb der Serien und deren Präsentation, wobei sie mit Leerstellen ar­­beitet und ihre Themen etwa durch enge Ausschnitte, über­­­raschende Perspektive, die Fokussierung von Menschen und die Wiedergabe vorgefundener Textzeilen und Logos weiter verdichtet.

Mareike Foecking hat an der Kunst­akademie Düsseldorf in der Bild­hauerklasse von Magdalena Jetelóva studiert. Bereits dort arbeitet sie mit eigener Fotografie. Sie präsentiert ihre Aufnahmen (Raumsituationen und Porträts im Raum) zunächst installativ und skulptural und ab 1992 in offener Form an der Ausstellungswand. Ihre Foto­grafien wechseln die Genres und die Bildsprache, noch in Bezug zur Multiperspektivität des zeitgenössischen Informa­tions­flusses. Nach ihrem Stu­dium arbeitet sie für Zeitschriften wie Spex und Stern und die Süd­deutsche Zeitung, die nach einem anderen foto­grafischen Blick fragen, auch wenn es um Fußballspiele und Pop-Konzerte geht. Seit Beginn ihrer Lehr­tä­tig­­keit zunächst als Vertre­tungs­pro­fessorin an der HfK in Bremen 2009-2011 konzentriert sich Mareike Foecking wieder ganz auf ihre eigene Arbeit. 2011 wird sie an die Fach­hochschule Dortmund berufen und seit 2014 unterrichtet sie als Professorin für Fotografie an der Fachhochschule in Düsseldorf, als Nachfolgerin von Gerhard Vormwald. Ein Schritt in ihre Forschung zu den Neuen Medien zwischen Absenz und Prä­senz ist ihr Buch „100 relationships“ (2012), welches lakonisch Situa­ti­onen zwischen Mann und Frau schildert. Schon in seiner zeiligen Ordnung wird der Text zum Bild, wobei Mareike Foecking nachhaltig interessiert, wie Worte und Sprache im Kopf konkret werden. - In der Ausstellung im NRW-Forum thematisiert sie auch das: Hier sind Schreib­maschinentexte auf glän­­zendes Fotopapier ge­druckt und hinter Glas gerahmt. In ihrer Viel­stimmigkeit initiieren sie eine bestimmte Atmos­phäre und sind selbst visuelles Phänomen.

Aber Mareike Foecking hinterfragt in ihrer künstlerischen, theoretisch fundierten Arbeit überhaupt den Stellenwert und die Möglichkeiten der Foto­grafie in der Gegenwart. Ihre Aufnahmen dokumentieren, wie der Stadtraum von Bot­schaften und Bekenntnissen überflutet wird und wie der menschliche Körper als Träger von Statements und Anlass für das Selfie seine Stabilität verliert. Sie reflektiert subtil Moden, reagiert auf die zunehmende Digitalisierung und entschleunigt doch alle Wahrnehmung. Und sie verhandelt, wie Computer und das Smartphone auf den Menschen und die Gesellschaft einwirken. Dazu untersucht sie, in­­wieweit sich hinter den Oberflächen Substanz be­­fin­­­det, und sie arbeitet im besonderen mit Körper, Licht und Schatten, Dunkelheit und Diffu­sion bis hin zur völligen Abstraktheit einer lichthellen Farbe.

All das kennzeichnet auch ihre Videoarbeit am anderen Ende des Ausstellungsraumes im NRW-Forum. In „walking (no talking) / shaking (no shaping)“ läuft, trotz der glitzernden Lichter und des neonblauen Schriftzuges „Private Table Dance“ fast ganz im Dunklen, ein junger Mann in Stra­ßen­kleidung wie in Zeitlupe von rechts nach links. Er kommt wieder, wird schneller, steht, scheint in ein ungelenkes Ringen verwickelt, erst recht im Nebel, der ihn zeitweilig einhüllt. Auch da geht es darum, inwieweit Bilder leiblich werden oder sich uns entziehen, um erst recht die Konkretheit des Bildes in unserer Gegenwart zu hinterfragen. Oder, wie es in den „100 relationships“ heißt: „she danced all by herself / forgetting / the packed dance floor.“

Mareike Foecking: Reality hung up so I called,
bis 22. Mai im NRW-Forum in Düsseldorf
Tel. 892 66 90

TH

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