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Porträtfoto: Ulrike Münchhoff, Düsseldorf

Katrin Laade

Raum in der Fläche

In einer Ausstellung im Bonner Kunstraum 21 ist Katrin Laade derzeit mit einer Malerei vertreten – aber es ist doch mehr als nur ein einziges Bild. Mit einer Höhe von 180 cm an der Wand den Betrachter leicht überragend, besteht es aus vier hochformatigen Tafeln, die sich mit jeweils etwas Abstand zu zwei Hälften zusammenschließen. In der linken dominieren anthrazitfarbene, dunkelblaue Töne und in der rechten ein helles, beige-milchiges Weiß, aufgetragen mit Acryl- und Sprühfarbe. Katrin Laade wendet hier das Vokabular und die technischen Verfahren, die sie ansonsten auf Nessel oder Leinwand praktiziert, für die Möglichkeiten des Papierträgers an und denkt sie dort weiter. So hat sie ein kleines Quadrat ausgeschnitten und diese Stelle mit einer körnig strukturierten Farbfläche unterlegt. Auch hat sie einzelne Partien auf der Bildfläche collagiert und damit ihre Methoden der räumlichen Erfahrbarkeit, der Schichtung und Begegnung von Farben und Formverläufen und des Zusammenwirkens einzelner, aus dem Gegenständlichen ableitbarer Elemente weiterverfolgt. Zu ihrem motivischem Repertoire gehören Quadrate, die zu sternförmigen Achtecken übereinander gelegt sind, Kreise und Rauten, die, in der Abfolge von Farbbändern, an Ziel­scheiben bzw. Spielkarten erinnern könnten, sowie kristallin kantig Konstruktionen, die in ihrer Genauigkeit an das Liniengerüst von Gefäßen erinnern. Daneben zieht sie aus dem Handgelenk lässig wellende Bänder. Die verschiedenen Elemente sind in ihrem austarierten Hin und Her nicht nur in einen leicht gestischen Farbgrund eingelagert und vereinzelt von einer Farbkorona umfangen, sondern im Mittelgrund setzen sich abknickende langgezogene Bänder teils wie architektonische Grundrisse über die vier Bildtafeln hinweg fort. Eines führt zum anderen, kehrt wieder, ist zugleich Kommentierung und weitere Klärung zwischen Verdichtung und Neuerfindung. Titel dieser Arbeit: „Image and matter I-IV“ (2018).

Katrin Laade wurde 1964 in Stuttgart geboren, sie hat an der Düsseldorfer Kunst­akademie bei Jan Dibbets studiert und ein Postgraduierten-Studium an der renommierten Akademie de ateliers im niederländischen Haarlem angeschlossen. Danach blieb sie zunächst in Amsterdam. Seit 2005 ist sie wieder in Düsseldorf ansässig, das Atelier befindet sich im Salzmannbau. Die frühe Malerei ab Mitte der 1990er Jahre aber enthält schon Gedanken, die auch künftig eine Rolle spielen: vom hellen Grund und der schichtweisen Anlage als Hinter-, Mittel- und Vordergrund über die visuelle Allusion einzelner Motive, den freien Gestus bis hin zur prozesshaften Bilderorganisation. Aber die frühen Bilder sind weiter abstrakt mit größeren, gestisch komprimierten Flächen. Die Großformen scheinen in Bewegung begriffen und betonen im Zueinander ihre offen amorphe Formgestalt. Aus den Linien werden sodann Schleifen, die schräg im Bildfeld zu stehen scheinen und wie Fensterrahmungen den Blick in die räumlich empfundene Tiefe leiten. Dann wieder ist die Sicht wie von oben und vielleicht sogar wie auf ein Interieur gegeben, das sich nun regelrecht auffaltet. Bei anderen Bildern ragen die Formgebilde dicht nebeneinander auf und halten sich so aufrecht. Anfang der 2000er Jahre konkretisieren sie sich zu benennbaren Gegenständen in einem lichthellen Farb­raum und lösen sich wenige Jahre später wieder in hän­disch umschriebene, geometrisch angelegte Binnen­for­men auf, die weiterhin den Bezug zu unserer Dingwelt halten und nun vor einem leuchtend starkfarbigen, mit Strei­fen strukturierten Grund liegen. Dieses Vokabular steckt vol­ler Über­raschungen, Verwandtschaften und Abwei­chungen und gewinnt mitunter gerüstartig organisierte, plastische Konkret­heit: „all diese Zeichen, Juwelen, Buchstaben, manch­mal ganze Worte und Sätze, Sterne, Pril-Blumen, Ampeln, Kreise, Rauten, Spiel­figuren, Augen“, hat Petra von Olschewski zusammengefasst (Kat. Düsseldorf 2015). Auch hier ist jedes Gemälde ein neues Erlebnis, indem Katrin Laade ihr Repertoire wiederholt und gleichzeitig neu erfindet und schon die Pers­pek­tive im Bild selbst wechselt und unterschiedlichen Größen der Bild­phä­nomene suggeriert.
Immer geht es um Malerei, deren Potenzial und ihre Frische, mit der Kunstgeschichte und im besonderen den Traditionen der abstrakten Malerei im Rücken – und natürlich muss diese Malerei so funktionieren, dass sie sich immer weiterdenkt und sich doch treu bleibt. Und so versinken seit einigen Jahren die Motive als Mittelgrund in die Farbfläche und werden ihrerseits von breiten kantig verlaufenden farblich vom Grund nuancierten Streifen überdeckt. Weiter hinten aber tauchen skizzenartige Imprägnierungen auf, die subtil figürliche oder landschaftliche Assoziationen wecken und noch in den Bildtiteln („Polar“ oder „Boat“) widerspiegeln: als diskrete Andeutung gesellschaftlicher Kri­sen und Befragung der Verantwortung der Kunst.

Was lässt das alles für die neuesten, nun bei Martin Leyer-Pritzkow ausgestellten Bilder erwarten? Die einzelnen Motive finden sich auch hier, sind aber in ihrer Anzahl reduziert. Die Helligkeit der Fläche nimmt zu, zumal die farblose Grundierung partiell durchscheint. Häufig nähert sich der Farbklang dem lichten Braun der Leinwand an. Und Katrin Laade hat diese erst zerschnitten und dann wieder zusammengenäht. Die schräg verlaufende Kante gewinnt dadurch eine reale Plastizität und wirkt vielleicht als Raumkante, von der das Licht abstrahlt. Darüber, dazwischen aber fluktuieren langgestreckte unruhige Bahnen, die sich verbinden und auseinander treiben und sodann eine angeregte Ruhe einnehmen. Nach wie vor: Alles hat seinen Sinn am rechten Ort zur rechten Zeit, ohne sich in seinen Formen, Farben und Relationen – und in der Befragung der Malerei – je zu erschöpfen.

Katrin Laade - Traces
6. Mai bis 12. Juni
Martin Leyer-Pritzkow, Grupellostraße 8 in 40210 Düsseldorf.

Außerdem: Dagewesen – Gabriele Heider, Katrin Laade, Frauke Wilken,
bis 28. Mai in der Galerie Kunstraum 21, Adolfstraße 36 in 53111 Bonn.

TH

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