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130 x 100 cm, Öl/Leinwand, 2024
Foto ©: Joseph Sracic

Joseph Sracic

„MALERSTANDBILD“

Ein Reiterstandbild setzt sich silhouettenhaft und auffällig weiß vom grau-braunen Hintergrund ab. Weiß ist vielfach mit Reinheit assoziiert. Hier nimmt es eine irreale, fast schicksalsträchtige Note an. Schwarze Linien heben zeichenhaft Wesentliches hervor: im Schritt-Tempo und mit nach vorn ausgerichteten Ohren signalisiert das demütig nach unten blickende Pferd konzentrierte Aufmerksamkeit. Der aufrecht sitzende Rei­ter hält in seiner Linken keinen Reichsapfel, sondern eine Zwiebel, in seiner Rechten kein Szepter, sondern einen großen, geschwungenen Pinsel. Sein Kopf, Hort des Intellekts, erscheint übergroß über dem Körper. Eine weiße Maler­palette wird ihm rücklings mit dem Fuß eines Orang Utans dargeboten.

Am Boden und im Hintergrund ist viel Affenvolk unterwegs: Chimpansen, Orang Utans, Gorillas und weitere kleinere Affen. Seit jeher steht der Affe für Nachahmung und somit für den Künstler. Im Gemälde blicken sie teils grimmig, teils lachend um sich. Sie vermitteln Vielstimmigkeit. Einer, unten rechts im Bild, hält den blanken Bildträger bereit und zögert noch, den Pinsel aufzusetzen. Ein kleiner, heller Affe setzt seinen Pinsel am linken Hinterhuf des Pferdes an. Hat er etwa das gesamte Reiterstandbild geweißt? In seiner Nähe blickt ein lächelnder Affe auf sein Handy. Gefällt ihm sein Selfie? Ein anderer steht aufrecht hinter ihm und lehnt seinen Arm lachend zustimmend auf die Schulter des Vordermanns. In seiner Linken hält er einen Stift, als wollte auch er gleich loslegen zu zeichnen. Der Orang Utan, der die Malerpalette des Reiters hält, lässt mit der Rechten einen langen, feinen Pinsel sinken, der auch ein Taktstock sein könnte.

Ohne Sattel und Zaumzeug beweist der Reiter Haltung. Sein wägender Blick demonstriert kritische Urteilskraft. Die Frage, ob das Gemälde ein Porträt oder ein Selbstporträt sei, erübrigt sich. Es ist die Auseinandersetzung eines Schülers mit seinem Meister, und sie findet selbstbewusst zur bedingungslosen Hommage. Das Pferd trägt den „Zwie­bel­mann“ mit stoischer Ruhe und schreitet souverän zwischen all den Affen voran. Die farblich hervorgehobene Einheit von Ross und Reiter bildet einen scharfen Kontrast zum Hintergrund, der bei aller Belebung in Klecksen und Schraffuren auch Verletzungen ahnen lässt. Er zeigt die dunkle Seite des künstlerischen Tuns an, wo im Neben- und Miteinander das Erfinden, das Nachahmen, das Gebären des Selbsts und der Kampf ums Dasein zuhause sind.

www.sracic.com    

Aus der Reihe „Kunst-Stücke“
In dieser Reihe schreiben Studierende der Kunstgeschichte an der H.-Heine-Universität Düsseldorf über Kunstwerke Düsseldorfer Künstler und Künstlerinnen. 

Anna Schlüter

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