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Fleur Stoecklin
Porträtfoto: Katharina Maderthaner, Düsseldorf

Fleur Stoecklin

Oberflächen und ihre Texturen

Im Katalog, den Fleur Stoecklin anlässlich des Kunstgenerator Stipendiums 2008 veröffentlicht hat, wechselt mit den unterschiedlichen Papiersorten die Haptik: Schon das ist ein Hinweis auf die Skulpturen selbst. Fleur Stoecklin beschäftigt sich in ihrer Arbeit intensiv mit dem Material und dessen Substanz, mit Oberflächen und deren Textur. Mit Glanz und Mattheit, Dichte und Transparenz. Sie wendet sich ganz verschiedenen Werkstoffen und Bearbeitungstechniken zu und nimmt dazu experimentelle Erprobungen vor. Exemplarisch dafür steht ihr „M.Baby“, das sie zwischen 2005 und 2011, also noch im Akademiestudium, realisiert und variiert hat, meist in den Dimensionen von 15 x 19 x 43 cm als Guss in Gips, Kunststoff, Wachs und Bronze. An eine etwas langgezogene Kugel schließt, weich abgeschnürt, ein volumetrisches Oval an. Das „Haupt“ ist von einem flächigen Band umfangen. Die Oberfläche ist geschliffen, was noch die Dichte betont, auch wenn Fleur Stoecklin bei einzelnen – rötlichen –  „M.Babys“ mit Transparenz und Beschichtungen arbeitet. Hierzu gibt es Varianten wie die 2 m hohe, aufgerichtete „Victoria“ (2011) aus Papier, die sich bauchig erweitert; violette Farbe fließt in Rinnsalen herab. Oder der „Sundowner“ (2013) aus Gips, eine Stele, die sich sanft verjüngt und in einer weich gerundeten Spitze endet. Die breiten horizontalen Streifen in gebrochenen hellen Farben besitzen die milchige Transparenz von Wachs. „Sundowner“ jongliert mit den Klischees von Regen­bogen, Sonnenuntergang, monumentaler Neonbeleuch­tung à la Las Vegas und vermittelt doch heimelige Vertrautheit.

Fleur Stoecklin wurde 1976 in Basel geboren. Sie hat dort die Schule für Gestaltung besucht und ist dann nach Düsseldorf an die Kunstakademie gewechselt, wo sie bei Irmin Kamp und Richard Deacon studiert hat, also bei zwei Bildhauer-Professoren. Ihr skulpturales Konzept steht schnell fest. Bis heute kann der Impuls für eine Arbeit entweder ein konkretes Ereignis, eine Erinnerung sein oder aber die Beobachtung formaler Zustände. Dazu gehören unerwartete, in der materiellen Verfasstheit verborgene Mehrdeutigkeiten. Fleur Stoecklin transformiert diese in (vermeintlich) vertraute plastische Bilder. Bei „VIP“ (2007) etwa hat sie die umgedrehten Bürsten von 90 Besen zu einem roten „Teppich“ mit diesen Buchstaben in Schwarz angeordnet, den sie wiederum mit schwarzen Kordeln, eingefasst in goldglänzende Ständer, auf Abstand hält. Der Gang über den roten Teppich wird zu einem wahren Spießrutenlauf. „VIP“ ist zugleich ein Kommentar zum Premieren- und Vernissagen-Hype und zur Suggestion von Aura und Luxus. All das wird schon durch das banale Reinigungsgerät für einen solchen Teppich ironisiert.

Kontinuierlich verwendet Fleur Stoecklin ein biomorphes Vokabular mit Referenzen an die Natur, etwa beim deformierten blauen „Zipfel“ (2014), mit dem sie auf die Tannenzapfen zur Weihnachtszeit und damit Kindheitserlebnisse anspielt. Vor drei Jahren war diese Skulptur – im Rahmen einer Gruppenausstellung, kuratiert von Katharina Maderthaner – in den Grölle pass:projects in Wup­per­tal auf einer mit silbernem Band umhüllten konischen Form ausgestellt, welche zur Über­höhung und Irritation beitrug. Wie wichtig Fleur Stoecklin aber die natürlichen Phänomene sind, unterstreicht „Parauru“ (2013/14), das 2014 im Malkasten in Düsseldorf zu sehen war. Lautma­le­risch, noch an den Küstenort Parajuru in Brasilien erinnernd, stellt die Skulptur einen Kaktus dar, der im Aufragen den Fingern einer Hand ähnelt und – ganz Bildhauerei – in kritischer Position am Rand einer Säule steht. Das glänzende Grün wirkt künstlich. Es ist neben dem leuchtenden Rot einzelner Skulpturen der vergangenen Jahre fast die einzige Buntfarbe, die Fleur Stoecklin verwendet. Meist verbleiben ihre Werke im Materialton, überwiegend einem tonigen Weiß.

Hinzu kommt nun, in jüngster Zeit, ein schillerndes tiefes Blau, versetzt mit Weiß- und Schwarztönen: In ihrem Atelier an der Scheurenstraße hat Fleur Stoecklin zwei Skulpturen aus der neuen Werk­gruppe der „Cousins“ ausgepackt: Boden­plas­ti­ken, bei denen die amorphen Körper mit zerklüfteten Oberflächen überzogen sind, wie Felsgestein. Die Überlegungen zur Materialgerechtigkeit der Skulptur und den Thematiken von Natur und Öko­logie, schließlich zur Einheit von Konkretion und Abstraktion finden hier zusammen. Und dass die „Cousins“ dabei an Weltraum, Planeten und Mete­oriten erinnern, liegt an Fleur Stoecklins Gespür für prägnante Momente der alltäglichen und außergewöhnlichen Welt. ////TH

Fleur Stoecklin
ist beteiligt bei der Großen Kunstausstellung NRW,
19. Februar - 12. März
im Museum Kunstpalast im Ehrenhof,
www.smkp.de

TH

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