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Daniel Buren
Porträtfoto: © Ferdinand Ullrich

Daniel Buren

In situ / bis 26. Juli an den Fassaden des Festspielhauses und der Kunsthalle Recklinghausen

Die Beiträge von Daniel Buren überschreiten die Grenzen „konventioneller“ Kunst. Die mit Weiß alternierenden, vertikalen Farbstreifen – Burens „Markenzeichen“ seit tatsächlich fünfzig Jahren – verhalten sich neutral auf unterschiedlichen Bildträgern und Wänden, zeitweilig handelte es sich um präfabrizierte Markisenstoffe. Sie besitzen immer die gleiche Breite von 8,7 cm, suggerieren eine Fortsetzung und sind ohnehin ein Element, das – ohne dort weiter wahrgenommen zu werden – im öffentlichen Bereich zu Hause ist. Daniel Buren bezeichnet sie als „outil visuel“, „sichtbare Werk­zeuge“. Und die transluziden bzw. transparenten Farbfolien, die jetzt seine Interventionen an den Fassaden der Kunsthalle und des Festspielhauses in Recklinghausen konstituieren, orientieren sich am vorgegebenen Maß der einzelnen Fens­terraster. Auf die Frage nach den Farben und deren Anzahl antwortet Buren, dass er eben aus dem auswähle, was die industrielle Produktion zu bieten habe. Die Farben selbst tragen keine Bedeutung. Sie sind auf eine interne Ordnung hin organisiert, die mit der Idee des Dekorativen spielt und diesen Aspekt doch in der Schwebe lässt – und im übrigen eine spezifisch französische Tradition in der Kunstgeschichte fortsetzt. Nach Ende der Ausstellung aber werden die Einzel­teile zerstört. Besonders eindrucksvoll sah das nach der Ausstellung in der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf 1996 aus, in der Buren eine Installation aus begehbaren Kuben und Korridoren mit Streifenwänden und Spiegeln errichtet hatte: Danach lagen die lebensgroßen Elemente übereinander geschichtet auf dem Grabbeplatz, bereit zur Verschrottung.

Die Kunst von Daniel Buren bezieht sich ausschließlich auf ihren Ort. Jeder Ort, d.h. jede Architektur, bedingt für Buren andere spezifische Maßnahmen mit seinem Repertoire, das sich seit den 1980er Jahren erweitert hat, aber nach wie vor Streifen verwendet. Dabei beziehen sich Burens Interaktionen als kommentierende Interpretation auf den Stadtraum und die Architektur, deren Verfasstheit er untersucht und herausarbeitet. Das ist nun auch in Recklinghausen der Fall. Hier verhalten sich die Streifenelemente als Störungen der Farbfelder. Das hochrechteckige Raster an der Fassade der Kunsthalle, das Buren diagonal ausgerichtet hat, ist, von innen beleuchtet, nur von der Straße aus zu sehen. Am Festspielhaus hingegen umfassen die Felder (die ebenfalls, versetzt, schräg organisiert sind) die gesamte Front, auch Teile der Seiten. In ihrer Transparenz sind sie von innen wie von außen zu sehen, wobei nun das Licht, welches das Foyer in seinen Dimensionen klärt, durch die Farben geradezu materialisiert wird: Der Raum wird zum Erlebnis.

Daniel Buren wurde 1938 in Boulogne-Billancourt bei Paris geboren. Im Gespräch erwähnt er, dass bei der Entscheidung, sich mit Malerei zu beschäftigen, der ökonomische Aspekt eine Rolle gespielt hätte: Es sei eben einfach billiger gewesen als Filme zu machen. Mit diesem praktischen Distanziertheit geht konform, dass Malerei bei ihm den Ausstieg aus der Malerei bedeutet, schon 1964 findet er zum Konzept der Strei­fen, die er im öffentlichen Raum, subversiv, als Plakat­wände oder als Transparente bei einer Art Demonstration einsetzt. Es geht um eine Haltung. Mit einem gemeinsamen Flugblatt beginnt er am 3. Januar 1967 die Aktivitäten mit BMPT, wozu neben ihm Olivier Mosset, Michel Parmentier, Niele Toroni gehören – programmatisch verneint das Flugblatt all das, was Malerei gemeinhin bedeuten kann. Buren verbindet dies bis heute mit einer massiven Institutionskritik in Form von Texten, die seine künstlerische Arbeit begleiten. So kritisiert er die Rolle des Kurators der documenta 1972, an der er selbst teilnimmt. Schon vorher wendet er sich mit seinen Teilnahmen und Nichtteilnahmen gegen die „Prospekt“-Ausstel­lungen in der Kunsthalle Düsseldorf, bei denen Galeristen mit ausgewählten Künstlern am Start waren. Burens Streifen waren in einer Raumecke gesetzt, auf einem Bauzaun in der Stadt und zwischen Fahnenmasten direkt vor der Kunsthalle.

Zu Düsseldorf hat Buren noch eine weitere Be­ziehung; hier hat er von 2002 bis 2006 an der Kunst­akademie unterrichtet, schon damals war er weltberühmt, mit mehreren Teilnahmen an der Biennale Venedig und der documenta in Kassel dann doch im Kunstbetrieb etabliert, ausgezeichnet mit dem Goldenen Löwen der Biennale Venedig und 2007 dem Praemium Imperiale. Selbst lehnt Buren die Aneinanderreihung von Daten ab, und verknüpft sein Schicksal mit den Ausstellungen: „lebt und arbeitet in situ“ schreibt er, verbunden mit Geburtsort und -jahr, grundsätzlich als Vita. Wie bewusst er sich darüber Rechenschaft ablegt und im übrigen nach wie vor weltweit gefragt ist, teilt dann seine homepage mit, die allein für die letzten Monate aufwändige Vor-Ort-Arbeiten in San Gimignano/Italien, Rio de Janeiro, Casa­blanca, Neapel und eben Recklinghausen verzeichnet.

Daniel Buren
Zwei Werke für Recklinghausen
bis 26. Juli an den Fassaden des Festspielhauses und der Kunsthalle Recklinghausen

Thomas Hirsch

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