Dreieinhalb Jahrzehnte umfasst die Ausstellung von Cécile Bauer in der Kunst-Ecke an der Bilker Allee. So unterschiedlich ihre Arbeiten mit Fotografie - im Wechsel von s/w auf Farbe und in den Bildformaten - auch sind, so sehr gehören sie doch zusammen: wie die Stationen einer Reise. Sie besitzen etwas Auratisches. Sie vergegenwärtigen Orte, indem sie sie befragen, meist aus großer Nähe in wechselnder Perspektive, im Ausschnitt mit der Fokussierung im gleißenden Licht, manchmal umgeben von Dunkelheit. Die Unschärfe, die als Zufall kalkuliert ist, steigert noch die Unmittelbarkeit und trägt das Plötzliche der Bewusstwerdung im Gegenüber.
Bei Cécile Bauers Bildern handelt es sich zumeist um Fotomontagen. Oft setzt sie zwei oder drei fotografische Aufnahmen der gleichen oder einer verwandten Situation so übereinander, dass die Ränder horizontale Schnitte bilden. Auf diesen Flächen platziert sie ein Fundstück: ein Schneckenhaus, einen Draht, eine Vogelfeder, die geradezu haptisch und wie eine Klammer die Bildhälften verbinden. Es kann lange dauern, bis Cécile Bauer die richtigen Teile gefunden hat. Dazu bewahrt sie, diese sammelnd, unterschiedliche Objekte und Fotoschnipsel auf. „Ihr Schubladenschrank gleicht einer Schatztruhe“, hat Helga Meister schon 1991 geschrieben. „Eine Fundgrube zum Kombinieren einander ähnelnder oder widersprechender Themen, Strukturen, Formen und Farben“ (H.M., Fotografie in Düsseldorf, Patmos Verlag). Dabei geht Cécile Bauer assoziativ vor. Schon die Titel sind poetisch, lassen sich im Grunde aber entschlüsseln als Teil der Arbeit. Bei etlichen Bildern zeichnet sich ein bedrohliches Grollen ab, unterstützt von fotografischen Details wie einem Fetzen Müll, einem Atommeiler oder einer Scherbe. Tatsächlich liegt eine konkrete Betroffenheit zugrunde: Exxon Valdez, Tschernobyl, der Irak-Krieg als Ereignisse einer Welt, die aus den Fugen geraten ist. „Wir hatten ja damals gehofft, es gibt nie wieder Krieg“, sagt Cécile Bauer. Neben Interieurs – mit dem Stillleben als zentraler Gattung – zeigen ihre Bilder Ausschnitte von Natur, immer wieder auch Tiere. Dann, wie eine fast ungläubige Vergewisserung, aber auch dafür, dass Entscheidungen selbst getroffen werden müssen, der Fuß, die Beine.
Die Ausstellung beginnt mit Werken aus der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre. Ein s/w-Foto zeigt die dunklen Körperformen eines Paares hinter einem Vorhang, aufgenommen während der langjährigen Theaterarbeit mit Tony Morgan. Die Schatten liegen hinter dem Vorhang, der rückblickend an die späteren Objét trouvés der Fotomontagen denken lässt. Die Schattenfotografie markiert Cécile Bauers Einstieg in die Fotografie als Kunstform. Das handwerkliche Repertoire dazu hat sie sich zuvor an den Einrichtungen der Kunstakademie Düsseldorf angeeignet, wobei das Fotografieren schon immer ihre Sache war. Ausgestellt ist nun auch eine Arbeit, bei der zwei s/w-Fotos mit Abstand in einem Passepartout montiert sind. Das eine zeigt ein Kamel in seiner Umgebung, das andere Cécile Bauer als junge Frau im Profil. Die Idee der Collage als kombinatorisches Miteinander ist hier angelegt.
Cécile Bauer verdichtet und stellt Beziehungen her. Die leuchtende, meist fast monochrome Farbigkeit ihrer Fotomontagen erzeugt spezifische Atmosphären. Die Größe der Bilder steigert noch die Direktheit. Erst recht wenn die Perspektive steil kippt, wird deutlich, dass Cécile Bauer uns hier an ihrer Wahrnehmung und ihrem Denken teilnehmen lässt. - Mit Pidder Auberger abwechselnd im Westerwald und in Düsseldorf lebend, hat sie seit Mitte der 1980er-Jahre Einzelausstellungen, u.a. im Kunstverein am Grabbeplatz. In der Region waren ihre Bilder zuletzt im Kunstarchiv Kaiserswerth – aus der Sammlung von Volker Kahmen – zu sehen, erneut gemeinsam mit denen von Pidder Auberger, während des „Photo Weekends 2015“ im Frühjahr.
In den Unterlagen, die Cécile Bauer am Schluss mitgibt, findet sich auch die kleine schwarz-weiße Einladungskarte ihrer Ausstellung „fernab, mittendrin“ 1996 bei Cora Hölzl. Die unscharfe Fotografie zeigt einen Hund am Strand, spontan aufgenommen. Aber mit dem wesentlichen bildnerischen Programm: in der horizontalen Trennung von Sand und fließendem Wasser, das sich, reflektierend im Licht, über dem Hund aufzutürmen scheint. Die Hinterbeine lösen sich von der Erde. Der Schatten verschwimmt im Sand. Ein spielerischer Augenblick am Strand, dokumentiert mit der Sorgfalt, der die Natur und deren Zukunft am Herzen liegt.
Cécile Bauer fotografiert
bis 12. Juli in der Kunst-Ecke,
Talstraße 11 / Bilker Allee,
Freitag 16-18 Uhr u.n.V. Tel. 0175-7397876
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
cckpt • sound art • datasonification
AUSSTELLUNG 19.—28. April 2024 im Weltkunstzimmer
Arrangement mit der Größe
„Size Matters“ im Kunstpalast
Maja Günther
PFERDCHEN
Jörg Eberhard
Raum zu Fläche
Düsseldorfer Nacht der Museen 2024
Am Samstag, 27. April, können Museen, Galerien und Sonderlocations von 19 bis 2 Uhr besucht und erkundet werden
Das NRW-Forum sucht die Superheld*innen der Zukunft
Ulrike Arnold
Farben der Erde
Neue Perspektiven
Zum Jubiläum: Düsseldorfer Künstler:innen im Stadtmuseum
Alicia Echandía
MASCARITA
Bernd Schwarzer
50 Jahre EUROPAWERK
Fest der jungen Künste
Der jährliche Rundgang an der Kunstakademie
Joseph Sracic
„MALERSTANDBILD“
Günter Haese zum 100. Geburtstag
Junge Kunst
Die Schmidt-Rottluff-Stipendiaten in der Kunsthalle
Bärbel Möllmann
Die Zukunft ist keine Verlängerung der Gegenwart, 2020
Wolfgang Schäfer
Eins mit der Schöpfung
Jörg Paul Janka
Raum ertasten
Stille Bilder
Jan Schüler im Kunstverein Langenfeld
Alexia Krauthäuser
BANDE II
Antonia Rodrian
Vertrautes Sein
Zur Erinnerung
Ausstellungen für Karl-Heinz Rummeny und Anna Löbner
KARIN KNEFFEL
Ohne Titel (Diptychon)
Kai Richter
In situ
Keine Angst
„Tod und Teufel“ im Kunstpalast
Daniel BEN-BENYAMIN
GÖTTIN