Eine schwarze Kiste, die durch ihre neongrün leuchtenden Konturen virtuell erscheint, dominiert das Zentrum der unteren Bildhälfte. Ganz schwach ist ein Sonnenstrahl aus dem linken Bildrand heraus zu erkennen. Er trifft gebündelt auf die Mitte der Kistenoberfläche, als sei dort eine zentrale Bildaussage zu vermuten. Die schwarze Kiste steht auf schwarzem Boden. Es sind neongrüne Klebestreifen, die ihre Dreidimensionalität vermitteln. So aufgestellt erdet die Kiste unsere Wahrnehmung, während die Umkehrung der fluchtenden Häuserzeile im oberen Bildteil irritiert. Schräg eingefügt mit vorgelagertem Straßenraum, scheint sie seltsam unter der Decke zu hängen und in Bewegung zu sein. Gering reflektierende Autos davor unterstützen den Eindruck von eiligem Tempo. Etwas heruntergekommen, grau beige mutet die Häuserzeile im klassizistischen Baustil an. Das Grau und Beige setzt sich in Richtung der Bildmitte fort und geht über in eine schrundige Innenwand, deren Putz verschiedenfarbige Schadstellen und Risse aufweist. Früher mögen Tapeten die Wand geziert haben. Während das Auge weiter nach rationaler Verankerung des zu Sehenden trachtet, öffnet sich der Blick auf schemenhaftes Laub, das sich aus dem linken Bildrand heraus nicht nach oben ausrichtet wie eine Baumkrone, sondern sich abwärts hinter der Kiste ausdehnt und nur noch ganz schwach im schwarzen Boden spiegelt.
Die Zukunft ist keine Verlängerung der Gegenwart. Gibt die Künstlerin mit dem Titel eine Orientierung zum Verständnis des geheimnisvollen Bildes? Die neongrün glühende Umrandung der Kiste signalisiert den Clash des digitalen Heute mit dem morbiden Charme vergangener Welt. Aber ist damit die Bildwirklichkeit ausreichend geortet? Ist es überhaupt ratsam, das Bildrätsel auflösen zu wollen?
Die Angabe der Technik mag Licht ins Dunkel bringen. Die ‚Camera obscura‘ als Vorläufer der Photographie hat das Bild vom Kopf auf die Füße gestellt. Diese Dunkelkammer mag klein wie eine Schachtel sein oder groß wie ein Wohnraum. Nur ein Loch, das Innen und Außen miteinander verbindet, generiert das Bild, das das Auge kopfüber empfängt. Bärbel Möllmann spielt virtuos mit dieser uralten Technik und der Simulation digitaler Realität in diesem Raum. Erdhafte Farbtöne fingieren eine vertraute, reale Welt, die Kopf steht. Das Neongrün verweist auf einen digitalen Raum, auch wenn es eine reale Kiste markiert. Was ist real? Was ist virtuell? Bärbel Möllmann animiert, die Grenzlinie zwischen Virtualität und Realität finden zu wollen. Betrachten gerät dabei zu fragendem Staunen. Einer Fokussierung auf schnelllebige Digitalität begegnet ein beunruhigend ruhiger Gegenpol.
Aus der Reihe „Kunst-Stücke“
In dieser Reihe schreiben Studierende der Kunstgeschichte an der H.-Heine-Universität Düsseldorf über Kunstwerke Düsseldorfer Künstler und Künstlerinnen.
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