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Rita McBride
Porträtfoto: © Anne Pöhlmann 2013

Rita McBride

Aus der Öffentlichkeit

Mit ihren künstlerischen Beiträgen mischt sich Rita McBride produktiv ein. Sie hinterfragt die Mechanismen des Stadtraums als ästhetischer Szenerie und als sozialem und kommunikativem Gefüge. Evident ist dies natürlich bei ihren Arbeiten im öffentlichen Raum, etwa der hyper-monumentalen Skulptur „Mae West“ in München oder „Donkeys‘ Way“, den Esel-Skulpturen aus Bronze, die schon bald den Sonnenhausplatz in Mönchen­gladbach besiedeln. Wobei für Rita McBride die Rezeption durch die Öffentlichkeit und die Presse zum Wesen der Arbeit gehören wie auch schon bei der Produktion ihre Zusammenarbeit mit den Spezialisten und Handwerkern: als Teil eines kommunikativen Prozesses. Rita McBride, die 1960 in Iowa geboren wurde, seit 2003 eine Professur für Bild­hauerei an der Akademie in Düssel­dorf inne hat und seit 2013 deren Rektorin ist, engagiert sich in der Landeshauptstadt in der Frage, wie der Stadtraum – jenseits von „Möblierung“ und optischer Verschmutzung – menschen- und zeitgerecht zu gestalten wäre.

Konsequenterweise beginnt McBrides Ausstellung in der Kunsthalle vor dieser: (Mindestens) temporär sind die Fahnen­masten auf dem Platz vor dem Gebäude abgebaut. Zu den Maßnahmen im öffentlichen Raum gehört eben auch die Sub­straktion zur Klärung einer Situation … Die Werke von Rita McBride handeln von Orten und Unorten. Etliche ihrer Arbeiten zeigen – stilisiert, isoliert und damit entkontextualisiert – Dinge, technische Environ­ments, die mit dem Selbst­verständnis anonymer Verwal­tun­gen in den Stadtraum implantiert wurden und die wir inzwischen so gewohnt sind, dass sie dort kaum mehr auffallen, auch wenn sie das Wohlbefinden und unsere Verweildauer an Ort und Stelle unterbewusst beeinflussen. Dazu zählen ihre „Parkhäuser“ („Parking Structures“, ab 1989), die in ihrem Werk ganz am Anfang stehen. Als Bronze- oder Aluminiumgüsse oder Stahlkonstruktionen stehen sie kaum kniehoch auf dem Boden; dieser rückt augenblicklich mit ins Bewusstsein. Auch in der Düssel­dorfer Kunsthalle müssen wir uns hinknien, um durch die Hüllen mit ihren teilweise eingezogenen Ebenen hindurch zu schauen. McBrides Modelle verdeutlichen die Stapelbauweise, welche die Erwei­terung in die Höhe offeriert, solange die Statik mitspielt. In ihrer amerikanischen Heimat befinden sich solche Park­häuser direkt neben den großen Einkaufszentren: Das Themenfeld von Konsum­verhalten und von Wohl­­stand ist Teil dieser Plastiken. Andererseits schwingt die Anspielung auf beengte, standardisierte Wohn­ver­­hältnisse mit.

Eine wichtige Referenz für Rita McBride ist die Architektur von Le Corbusier. Besonders sein modulares Bauen kehrt leitmotivisch in ihrer Arbeit wieder. Am prominentesten wahrscheinlich in der „Arena“. Diese wird seit ihrer Produktion 1997 weltweit gezeigt. Als kreisförmig angelegte Tribüne ist sie funktionale Architektur, die sich infolge ihres Stecksystems auf den jeweiligen Ausstellungsraum hin verkürzen oder erweitern lässt. Sie ist soziale Skulptur: Hier sollen Veranstaltungen stattfinden. Die breiten Bänke, die zugleich Stufen sind, ermöglichen mit ihren hohen Abständen den Rückzug des Einzelnen und gestatten ganz oben die Übersicht über den gesamten Raum. Aber die „Arena“ ist ebenso als solche attraktiv. Sie kann umgangen werden und liefert dann ornamentale Sensationen und verbindet die Opulenz mit serieller Konzentration.

In den besten Momenten treffen im Werk von Rita McBride sinnliches Erlebnis und der – so auch lesbare – Kommentar zu Phänomenen des öffentlichen Raumes zusammen. Ihre Arbeiten, so wie sie in der Düsseldorfer Ausstellung zu sehen sind, verknappen und transformieren apparative Gegenstände wie Lüf­tungs­schächte, Schalt­käs­ten, Deckenab­häng­un­gen, Schlüssel und Schlösser mit einer ebenso rigorosen wie humorvollen Referenz an den Mini­ma­lis­mus. Das gilt in der Kunst­halle auch für die „Tankstelle“, die durch ihr brüchiges rotes Band unter der Decke als Form definiert wird: Vor allem in Amerika ist die Tank­stelle das gesellschaftliche Zentrum kleinerer Ortschaften. Bei McBride nun ist ihre formale Struktur so weit wie möglich zurück gefahren.

Andererseits verwendet sie aufwändige und widerstandsfähige Materi­alien. So besteht „Mae West“ aus Karbon und die „Arena“ aus Kevlar, einem (kugelsicheren) Material für Mili­tärfahrzeuge. Und Rita McBride lässt, mit mancherlei Subtexten, Glas­­arbeiten in Murano blasen und Wandteppiche in Mexiko weben. Aber (gerade) auch ohne dieses Wissen gibt es betörende und seltsame Augenblicke in der Kunsthalle. Wenn man in den Kinosaal kommt, sieht man die „Arena“ zusammen mit den Waben aus Sisal, die, als größte effiziente Bauweise, am Geländer des Obergeschosses in den Raum hinein wuchern und über unseren Köpfen etwas Bedrohliches und zugleich Beruhigendes vermitteln. Mitunter ist die Kunst von Rita McBride reine Sensation.

Rita McBride – Gesellschaft,
bis 26. Juni
Kunsthalle Düsseldorf, Grabbeplatz 4
Tel. 8996-243
www.kunsthalle-duesseldorf.de

TH

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