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Reden wir Fraktur und beneiden wir Sardinen

Die biograph Ouvertüre Dezember 2017

Wenn ich Bilder von Düsseldorfer Prominentenaufläufen und so genannten In-Treffs anschaue, entsteht bei mir stets der dringende Wunsch, mir danach die Hände sehr gründlich zu waschen. Das liegt an diesem Hauch von Schmierigkeit, der mich stets von den Abbildungen anweht. Meist sind dort nämlich Gestalten abgebildet, die so aussehen, als würden sie gerne in den Paradise Papers auftauchen, wüssten aber viel eher, wie sich das anfühlt, wenn der Gerichtsvollzieher oder Steuerfahnder klopft. Dann sind sie schnell mal verreist und haben Besseres zu tun.

Die Berichterstattung über solche Ereignisse verursacht bei mir zudem ein Gefühl zwischen Magenkrampf und Eiterausbruch. Neulich las ich von einem abgehalfterten Komiker, der auf einer dieser Aufläufe „offen bekannte“, mit seinem Hund Runden durch den Wald zu genießen. Doch, das stand da so. Ich fragte mich natürlich prompt, was so wagemutig an einem Waldspaziergang mit Hund ist, dass man das jetzt offen bekennen muss. War das bislang verboten? Ist mir da etwas entgangen?

Noch schlechter geht es mir, wenn ich durch die Straßen gehe und plötzlich vor einem Plakat stehe, auf dem der örtliche Leibesertüchtigungsverein Fortuna für sich wirbt. In Fraktur. Es ist jene Schrift, die von den Nazis als die deutsche Schrift behandelt wurde. So etwas kann man wissen, wenn man für einen Verein wirbt. Man kann auch wissen, dass sich dieser Tage vornehmlich Rechtsausleger an der Fraktur erfreuen. Ich habe durch die mindestens unglückliche Aktion auf jeden Fall zur Kenntnis genommen, wie manche in diesem Verein ticken, die sich als Entschuldigung eilig auf traditionelle Karnevals- und Brauereipublikationen beriefen. Manche, nicht alle.

Düsseldorf ähnelt in Sachen Stilfragen sehr oft einem etwas zu dicken Typen, der sich zur Verbesserung seines Auftretens vorsichtshalber in mehreren Fitnessclubs anmeldet, fleißig seine Beiträge zahlt, aber nach ein paar Besuchen nicht mehr hingeht, weil er sich schon durch ein dünneres Portemonnaie entschlackt fühlt. Der gute Wille ist da, allein, es fehlt die innere Durchsetzungskraft.

Durchsetzungskraft hilft aber auch nicht immer weiter, wie es Pendler und Messebesucher kürzlich im Hauptbahnhof erleben mussten, wo sie Schlange stehen mussten, um an die U-Bahn-Gleise gelassen zu werden. Konnte man ja nicht wissen, dass die Einrichtung von Baustellen ungünstig ist in Zeiten, da wegen Jahreszeit und Messe-Veranstaltungskalender Pendler und Besucher in Massen zu erwarten sind. So etwas kommt ja quasi über die Stadt wie ein Schnupfen im Sommer.

Ohnehin ist so ein Bahnbetrieb zu Stoßzeiten selten eine direkte Werbung für die Attraktivität einer Stadt. Wer mal mit der Bahn zu einem Großereignis in der Arena gefahren ist, lernt Sardinen in ihrer Büchse und Legehennen im Käfig zu beneiden ob ihres Platzangebotes. Rappelvolle Bahnen, in die beim besten Willen niemand mehr hineinpasst, fahren vom Bahnhof zur Arena und halten an jeder Milchkanne und brauchen eine kleine Ewigkeit, bis die Türen wieder schließen. Man könnte auch einfach expressmäßig durchrauschen, aber ganz offenbar folgt das dauernde Anhalten dem Prinzip, die Fahrgäste länger zu binden, also hinten rum den Fahrschein aufzuwerten. Längere Fahrzeit für dasselbe Geld. Ein Knaller. Sollte man mal bewerben. Vielleicht in Fraktur?

Hans Hoff

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