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Jovan Stojsin

Gleich reich, gleich schön, gleich gültig

Die biograph Ouvertüre August 2013

Wo ist die Jugend? Wo bleibt die Jugend? Was kann ein junger Mensch in Düsseldorf tun? Außer lernen und funktionieren und Klamotten kaufen. Wie sieht die Zukunft aus, wenn man hier geboren wird, wenn einen die sportlichen Eltern im Babyjogger die Rheinpromenade entlang schieben? Was bemerkt man als Winzling von der angeblichen Krisenkonfusion der Zehnerjahre? Wird man gleich angepasst? Oder hat man eine Chance, seine jugendliche Revolutionssucht zu leben? Oder werden all jene, die jetzt noch zu klein sind, um artikulierte Widerworte zu geben, niemals lernen, was Revolution bedeutet?

Es ist schwer, anders zu werden, wenn alle so gleich sind. Gleich sind die meisten hier. Gleich reich, gleich schön, gleich gültig. Was scheren uns die anderen, wenn wir es doch gut haben. Wir sind ein Abbild der großen Bundesrepublik im Kleinen. Wir haben auch eine Merkel, nur ist sie ein Mann. Wir haben auch eine Opposition, nur kennt die kaum jemand. Wir leiden auch unter der Entscheidungsschwäche der Volksvertreter, nur interessiert das niemanden. Wir kommen ja klar. So wie Deutschland der Primus unter den Europäern ist, sind wir Düsseldorfer die Ersten in Deutschland.

Na gut, da ist noch München. Aber für vordere Plätze in irgendeinem dubiosen Ranking reicht es schon noch. Düsseldorfer sind die zufriedensten Deutschen. Das steht in einer Rangliste irgendeiner blöden Publikation. In welcher das steht, ist wurscht, so lange wir ganz oben rangieren. Wir sind on top. Es lebt sich halt schöner, wenn man von oben auf die Welt schauen kann und sieht, dass sie ein Jammertal ist. Überschwemmt, von Stürmen zerrupft, von Katastrophen gebeutelt werden andere. Wir nicht.

Wir halten uns raus. Wir sind zufrieden, wir haben uns ein Wohlstandsbäuchlein angefressen. Man sieht es nicht, aber wer genau hinschaut, kann es doch entdecken. Kinder schauen genau hin. Sie sind noch unbelastet. Sie sehen, dass wir Gefahr laufen, nicht nur geistig zu verfetten.

Vielleicht sollte jeder Düsseldorfer einmal im Jahr eine Woche in einer durchschnittlichen Kindertagesstätte Dienst tun, sich der Herausforderung stellen, den Kleinen zu erklären, warum alles so ist wie es ist. Vielleicht kommt dann doch das eine oder andere Betonhirn ins Bröseln. Vielleicht dräut dann die Erkenntnis, dass eine Stadt mehr sein muss als nur Mobilfunk, Money und Mode.

Auch Kulturangebote müssten sich künftig dem Urteil der Kleinen stellen. Die Großen waren lange genug am Ruder und laufen Gefahr, das ewig Gleiche wiederzukäuen, immer dieselben Klassiker aufzustoßen und das Sodbrennen der eigenen Belanglosigkeit als feuriges Lebenszeichen misszuverstehen. Nein, es ist kein Argument, dass Kinder aufgrund ihres Entwicklungsstadiums so manches Stück nicht verstehen können. Es spricht schlicht gegen die Stücke. Auch Kultur kann verfetten und dann jämmerlich an inhaltslosem Volumen zugrunde gehen. Ein bisschen was davon erleben wir gerade.

Warum also nicht mal die Dinge auf den Kopf stellen, etwas wagen, was den an Kot- und Blutorgien gewöhnten Zweireiher- und Goldkettchen-Abonnenten stinkt? Warum nicht ein kleines bisschen Revolution wagen? Nicht morgen, nicht übermorgen. Beweg dich, du faulende Düsseldorfer Seele! Sonst erstickst du bald schon an deinem eigenen Atem.

Hans Hoff

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