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Get - Der Prozess der Viviane Amsalem

Get - Der Prozess der Viviane Amsalem
Deutschland, Frankreich, Israel 2014, Laufzeit: 115 Min., FSK 0
Regie: Ronit Elkabetz, Shlomi Elkabetz
Darsteller: Simon Abkarian, Menashe Noy, Ronit Elkabetz, Sasson Gabai, Rami Danon
>> www.get-film.de

In Israel wird das Familienrecht, insbesondere das Eherecht, durch religiöses Recht geprägt. Möchte eine Frau sich scheiden lassen, benötigt sie die Zu­stimmung des Ehemanns in Form eines Scheidungsbriefs, dem so genannten „Get“. Die Geschwister Ronit und Shlomi Elkabetz widmen sich in ihrem Film den Widersprüchen zwischen moderner und traditioneller Gesellschaft, indem sie ihre Protagonistin auf eine fünfjährige Odyssee durch die Gerichtsbarkeit schicken. Brillant gespielt und inszeniert wurde der mehrfach preisgekrönte Film kürzlich für den Golden Globe 2015 nominiert.

Israel ist der weltweit einzige demokratische Staat, in dem nur religiöse Ehe­schlie­ßungen möglich sind und die zivile Ehe nicht existiert. Bei Auseinanderset­zun­gen sind Rabbinatsgerichte zuständig und die folgen ihren eigenen traditionellen Re­geln, die dem Schutz der jüdischen Familie mehr verpflichtet sind, als dem Recht auf Selbstbestimmung der Frau. Viviane Amsalem möchte sich von ihrem Mann Shlomi scheiden lassen, da ihre Ehe schon lange nicht mehr funktioniert. Doch Shlomi verweigert ihr das, und er sitzt am längeren Hebel, denn ohne seine Zustimmung ist eine Scheidung nicht möglich. Zusammen mit ihrem Anwalt versucht sich Viviane das Recht zu erstreiten, doch das ist nicht so einfach und zieht viele Gerichtstermine über mehrere Jahre nach sich, denn die Richter machen immer wieder neue Auflagen. Es werden Zeugen geladen, die Shlomi mal als guten Ehemann, dann wieder als gefühlskalten Sturkopf bezeichnen. Vivianes Aussagen scheinen dabei kaum von In­te­resse zu sein... „Get“ ist der Abschluss einer Trilogie, die das Schicksal der Viviane Amsalem in mehreren Stationen ihres Lebens beschreibt. Die in Israel sehr bekannte Schau­spielerin Ronit Elkabetz spielt dabei nicht nur die Hauptrolle, sondern hat die Filme zusammen mit ihrem Bruder auch geschrieben und inszeniert. Während sich die ersten Teile eher mit den privaten Auswirkungen beschäftigt haben, steht nun der gesellschaftliche und auch politische Aspekt im Vordergrund, denn Viviane Amsalems Verhandlung steht metaphorisch für das moderne und orthodoxe Israel. Es ist eine universelle Geschichte über die Rollen von Frau und Mann im Spannungsfeld von fundamentalistischen und säkularen Weltanschauungen. Ronit und Shlomi Elkabetz inszenieren das als eindringliches Kammerspiel mit Sinn für groteske Situationen, die die Absurdität des ganzen Prozesses subtil entlarven und zuweilen auch irrsinnig komisch sind. Der Film spielt ausschließlich in einem schmucklosen Gerichtsraum und konzentriert sich dabei ganz auf die Per­sonen, indem konsequent deren Blickwinkel eingenommen wird. So entwickelt sich eine große Dynamik und Perspektivenvielfalt in der Geschlossenheit des Rau­mes. Das erinnert formal zuweilen an Billy Wilders Klassiker des Gerichtsfilms „Zeugin der Anklage“, aber in seiner extremen Fokussierung auf Blicke und den Einsatz expressiver Mimik an Carl Theodor Dreyer („Die Passion der Jungfrau von Orleans“) oder Robert Bresson („Der Prozeß der Jeanne d’Arc“).

(Eric Horst - biograph)

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