Da war er wieder. Selbst bei der Eröffnung der aktuellen documenta, 35 Jahre nach seinem Tod, musste Beuys für einen heutigen erweiterten Kunstbegriff herhalten, in der Rede des Bundespräsidenten. Bereits der letztjährige Ausstellungsreigen zum 100. Geburtstag vereinnahmte ihn für ein gegenwärtiges Spektrum an Formlösungen, Haltungen und Einmischungen. Dass es auch konzentrierter und unmittelbar auf ihn bezogen geht, zeigt jetzt die Ausstellung im Stadtmuseum. Sie wendet sich den Quellen, Archivmaterialien und Zeugen zu und fokussiert seine Stellung an seinem Lebensmittelpunkt Düsseldorf und auch die späte, kritische Rezeption seiner Biographie und seiner Äußerungen.
Etwas abseits, im auf Dauer eingerichteten Dokumentationsraum beginnt es mit Beuys' Einsatz an der Kunstakademie, seiner fristlosen Entlassung durch das Wissenschaftsministerium und dem Gerichtsprozess, der dies wieder revidiert. Kopien aus den Beschlüssen sind ebenso zu lesen wie die Zeitungsartikel zum öffentlichkeitswirksamen Auftreten von Beuys und seinen Schülern. Zu den Student:innen gehört Johannes Stüttgen (*1945), der auch künftig Beuys' Aktivitäten begleitet und zum Teil fortführt, die Initiative für direkte Demokratie und den Aufbau der Freien Internationalen Universität. Stüttgen hat über die Jahrzehnte ein Archiv zu Beuys' Wirken angelegt und dem Stadtmuseum übergeben: In der Form von Aktenordnern der Jahre 1977 bis 2018 ist es vielleicht das Herzstück der Ausstellung. Es leitet weiter zu Werken von Stüttgen selbst, die Beuys – mit skizzierten Situationen in Kreide auf schwarzen Holztafeln – ihre Referenz erweisen und Dokumentation mit Kreativität zusammenbringen.
Auch andere der ausgestellten Künstler:innen studierten bei Beuys wie die aktionistische YIUP-Gruppe (mit Robert Hartmann und Hans Henin) und Beatrix Sassen, die mit wunderbar intensiven figurativen Skulpturen vertreten ist. LIDL ist leider nur erwähnt. Indem auch Künstler:innen dabei sind, die nicht direkt mit Beuys zu tun hatten, aber in seinem Sinne und zu ähnlichen Themen arbeiten, gibt es umfassende Beiträge der großartigen Künstler Helmut Schweizer und Andreas Techler zu sehen. Und noch ein Verweis: Im Erdgeschoss des Stadtmuseums hat Werner Sobek, der als Architekt und Ingenieur nachhaltig und Ressourcen schonend arbeitet, „17 Thesen“ für den Umgang mit unserer Umwelt veröffentlicht. Wie vorausschauend Beuys mit seinen ökologischen Forderungen doch war, wird hier in der Praxis deutlich, im Jahr 2022.
Kontext Beuys, bis 7. August im Stadtmuseum, Berger Allee 2, 40213 Düsseldorf
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