Machuca, mein Freund
Chile 2004, Laufzeit: 120 Min., FSK 12
Regie: Andrés Wood
Darsteller: Matías Quer, Ariel Mateluna, Manuela Martelli, Aline Kuppenheim, Federico Luppi, Ernesto Malbran, Tamara Acosta, Francisco Reyes, Alejandro Trejo, Maria Olga Matte
Nach der 17jährigen Militärdiktatur in Chile durch Pinochet beginnt nun langsam die filmische Aufbereitung und Verarbeitung der grausamen Vergangenheit. Nach der exemplarischen Auseinandersetzung mit Foltermethoden und militärischer Willkür in "Junta" und dem Dokumentarfilm "Allende" zeigt der Film "Machuca" den Fall Chiles in die Diktatur aus den Augen eines Kindes und ermöglicht einen tiefen und emotionalen Einblick in ein Land, das wie seine Kinder die Unschuld verliert.Pedro Machuca ist einer von vielen Jungen, die 1973 die Chance bekommen die renommierte St. Patricks School for Boys zu besuchen, obwohl er aus den Elendsvierteln stammt und das Schulgeld nicht hätte aufbringen können. Die Politik Allendes verfolgt das Ziel allen Kindern eine Ausbildung zu ermöglichen, nicht nur den Reichen und Privilegierten. Doch der soziale Unterschied lässt sich nicht so einfach ausblenden; auf dem Schulhof gibt es Gruppenbildung und Mobbing; die gut situierten Kinder schneiden die Neuankömmlige und bringen ihnen unverhohlene Verachtung entgegen. Nur Gonzalo, der selbst als "Streber" unter den Reichen ein Außenseiter ist, freundet sich mit Pedro an und lernt durch ihn die Lebensumstände der sozial Ärmeren kennen. Jeden Tag radelt Gonzalo in die Slums jenseits des Mapocho, der Arm von Reich trennt. Zuerst scheint diese Freundschaft für beide etwas Bereicherndes zu haben; Pedro staunt über die teueren Turnschuhe und das riesige Haus seines Freundes, während Gonzalo zusammen mit ihm und der 16jährigen Silvana unter den "einfachen Menschen" Nähe erfährt, die ihm in seinem gehobenen Elternhaus fehlt. Zusammen erleben die drei die letzten unbeschwerten Tage ihrer Kindheit in einem Umfeld, das den bevorstehenden Umbruch im Land deutlich spürbar werden lässt. Sie verkaufen Fahnen an die vielen Demonstranten in der Stadt, sowohl an die Gegner als auch an die Anhänger Allendes. Und beide Jungs verlieben sich in das Mädchen, an dem Gonzalo ihr Temperament und ihre klaren Stellungnahme für die Kommunisten bewundert. Doch nach und nach wird die Freundschaft der beiden Jungen auf eine harte Probe gestellt, als sich die politischen Fronten verhärten und sie ihre Angehörigen auf der Strasse gegeneinander demonstrieren sehen müssen. Der Konflikt eskaliert, als Pater McEnroe, der Rektor von St. Patrick, einen Gottesdienst dazu nutzen möchte, zwischen den Schichten zu vermitteln, wobei es jedoch zum offenen Streit zwischen Arm und Reich kommt. Gonzalos Freundschaft mit Pedro und dem Mädchen steht auf die Kippe und als das Militär die Regierung stürzt ist nicht nur Gonzalos Kindheit zu Ende..."Machuca" trägt stark autobiografische Züge. Regisseur Andrés Wood war acht Jahre alt, als sich General Pinochet am 11. September 1973 an die Macht putschte. Gut ein Drittel der Schüler aus seiner Klasse stammten damals aus Santiagos Elendsvierteln. Bewusst beschränkt sich Woods in der Aufarbeitung von Chiles Vergangenheit auf den Blickwinkel seines jungen Hauptdarstellers. Die zunächst nur sporadisch ein- und ausgeblendeten Szenen der politischen Wirren haben für die zwei Jungen bestenfalls den Charakter eines Abenteuers, bis sich die politischen Wirren auch auf zwischenmenschlicher Ebene niederschlagen. "Machuca" ist ein sensibles und sehenswertes Portrait der chilenischen Gesellschaft zur Zeit des Militärputsches und einer Freundschaft, die keine Zukunft haben durfte.
(Silvia Bahl, playtime by biograph)