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Schildkröten können fliegen
Irak/Iran 2004, Laufzeit: 98 Min., FSK 12
Regie: Bahman Ghobadi
Darsteller: Avaz Latif, Soran Ebrahim, Saddam Hossein Feyssal, Hiresh Feysal Rahman, Abdol Rahman Karim, Ajil Zibari, Olivier Gourmet, Morgan Marinne

Schon mit seinem Debüt "Zeit der trunkenen Pferde" machte der 37-jährige im iranischen Kurdistan geborene Bahmann Ghobadi auf sich aufmerksam und heimste Preise auf Festivals in der ganzen Welt ein. Mit seinem zweiten Spielfilm "Schildkröten können fliegen" bleibt er seinem Thema treu: Er zeigt die Auswirkungen des Krieges auf die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft - die Kinder, die sich im Wahnsinn von Hunger und Krieg ihre eigene Welt schaffen und dabei das wenige einsetzen, was ihnen geblieben ist, die Solidarität untereinander. Ein kurdisches Flüchtlingslager im Grenzgebiet zwischen Iran und Irak kurz vor dem Angriff der Amerikaner auf den Irak: Es herrscht bittere Armut, die Felder sind vermint. Jeder Schritt kann zur lebensbedrohlichen Gefahr werden. Aber die Minen gehören auch zu den wenigen Einnahmequellen. Sie werden als "second-hand-"-Kriegsgerät weiter verkauft und Kinder sind als Sammler dieser "Feldfrüchte" besonders gefragt. Die in den Flüchtlingslagern lebenden Kriegswaisen haben nichts zu verlieren. Das Minensammeln ist ihre einzige Verdienstmöglichkeit, um nicht zu verhungern und viele sind ohnehin schon verstümmelt Der 13-jährige "Satellit" ist der Anführer einer Flüchtlingskinder-Gang. Seine Stellung und seinen Spitznamen verdankt er der Tatsache, dass er die Dörfer rund um das Lager mit Satellitenschüsseln versorgt, die er auf dem Markt ersteht und seinen rudimentären Englischkenntnissen, die es ihm ermöglichen, den Dorfbewohnern weis zu machen, er verstehe die US-Nachrichten auf CNN und sei informiert über die neuesten Entwicklungen im bevorstehenden Krieg. Eines Tages begegnet Satellit dem Mädchen Agrin, die mit ihrem zweijährigen blinden Sohn Digah und ihrem verstümmelten Bruder Hengow, dem hellseherische Kräfte nachgesagt werden, durchs Land streift. Er verliebt sich in die Gleichaltrige und versucht ihr zu helfen, wo es geht. Doch Agrin kann seine Zuneigung nicht erwidern. Traumatisiert von der Vergewaltigung durch irakische Soldaten, würde sie am liebsten ihrem Leben und dem ihres Sohnes, dem sie in Hassliebe verbunden ist, ein Ende setzten. Eines Tages bindet sie den Kleinen mitten in einem Minenfeld an einen Baum und überlässt ihn seinem Schicksal. Als Satellit ihn dort findet, setzt er wegen seiner Liebe zu Agrin sein Leben aufs Spiel, um das Kind zu retten. Wie schon in "Zeit der trunkenen Pferde" gelingt es Ghobadi meisterhaft, dem Zuschauer den Schrecken des Krieges nahe zu bringen, ohne dabei die Gräuel direkt zu zeigen. Wir sehen keine Vergewaltigung und erfahren doch von ihrer schrecklichen Auswirkung auf die Psyche ihrer Opfer. Wir sehen kaum Minen explodieren und doch machen die zahlreichen Kinder ohne Hände und Füße unmissverständlich klar, dass dies hier zur traurigen Tagesordnung gehört. Was aber am meisten beeindruckt in Gohbadis Werken ist neben seinen großartigen poetisch-überhöhten Bildern und Einstellungen die große Kraft, die die Unschuld der Kinder inmitten all diesen Schreckens ausstrahlt. Die Erwachsenen verkommen hier zu Randfiguren, die die Übersicht und das Gefühl für soziale Verantwortung längst verloren haben. Die Kinder sind auf sich alleine angewiesen und versuchen dem Chaos und Wahnsinn das Wenige entgegenzusetzen, was ihnen geblieben ist: die Macht der Solidarität untereinander.

(Anne Wotschke, playtime by biograph)

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