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Oslo Stories: Träume

Oslo Stories: Träume
Norwegen, Schweden 2025, Laufzeit: 110 Min., FSK 12
Regie: Dag Johan Haugerud
Darsteller: Ella Øverbye, Ane Dahl Torp, Selome Emnetu
>> tickets.alamodefilm.de/oslo-stories

Zwischen Pubertät, Missbrauch und Literatur: Der zweite Teil der erfrischenden losen Trilogie über Liebe, Sex und Zärtlichkeit in der heutigen norwegischen Hauptstadt wurde auf der diesjährigen Berlinale mit dem goldenen Bären prämiert und ist in der Tat der beste: Zusätzlich zur offen freigeistigen Auseinandersetzung mit dem Thema Nummer eins, mit der schon OSLO STORIES: LIEBE glänzte, wird hier übers Erzählen an sich reflektiert und dabei raffiniert auch mit den filmischen Erzählebenen gespielt.

Johanne ist Schülerin und zum ersten Mal verliebt – und zwar in ihre neue Lehrerin. Lange weiß sie nicht, wohin mit ihren Gefühlen, dann fasst sie sich ein Herz und besucht sie einfach privat. Johanna, ihre junge Lehrerin ist zugewandt und aufgeschlossen, und ehe Johanne sich versieht, erklärt sie sich bereit, ihr Strick-Unterricht bei sich zu Hause zu geben, nicht ahnend, dass ihre Schülerin ganz anderes dabei im Kopf hat. Was nach einigen Treffen wirklich passiert, weiß nur Johanne und sie schreibt es in ihr geheimes Tagebuch. Erst ein Jahr später teilt sie ihre Erfahrungen mit ihrer Mutter und ihrer Großmutter, die Schriftstellerin ist. Zunächst schockiert angesichts der teilweise sehr intimen Details, schwanken ihre Reaktionen zwischen Anzeige wegen Kindesmissbrauchs und dem Erkennen literarischer Qualität: Hat Johanne wirklich erlebt, was sie schreibt, oder sind ihre Aufzeichnungen einfach ein Juwel feministischer Dichtung, das unbedingt veröffentlicht werden muss? So oder so müssen sie die inzwischen ehemalige Lehrerin ausfindig machen und mit der Geschichte konfrontieren...
Was als unschuldige Teenie-Schwärmerei beginnt, entwickelt sich zur Grundsatzdiskussion zwischen drei Generationen von Frauen: Mutter und Großmutter, die sich eigentlich für ziemlich aufgeschlossen halten und bei denen die Auseinandersetzung mit dem Frau-Sein in der Gesellschaft Tradition hat, sehen angesichts der frischen Freigeistigkeit der Tochter plötzlich alt aus und müssen ihre Haltungen überdenken. Hier werden herrlich offenherzig, klug und nicht ohne Humor Geschlechterrollen seziert, was uns nur guttun kann („Bin ich queer, nur weil ich mich in eine Frau verliebe?" / „Flashdance war doch kein feministischer Film!"). Parallel wird die von der Tochter erzählte Liebesgeschichte in so sinnlich einfühlsame Bilder übersetzt (Wolle auf nackter Haut, eine in der Tasse erblühende Teeblume), dass man sich den Gefühlen der Erzählerin kaum entziehen kann. Der Clou ist, dass ihre Geschichte immer wieder unterbrochen und dann von jemand anderem weiter erzählt wird, etwa der Mutter, die schockiert die Aufzeichnungen liest oder schließlich der Lehrerin, die sich dem Missbrauchsvorwurf gegenüber sieht und alles ganz anders erlebt hat. Auf diese Weise entsteht neben dem ohnehin schon erfrischenden Update in Sachen Liebe und Sex, für das die Reihe steht, eine zusätzliche komplexe Auseinandersetzung mit Wahrheit und Fiktion, deren Abgrenzung nicht selten im Auge des Betrachters liegt, und damit eng verbundenen gesellschaftlichen Themen, die teils satirisch demontiert werden. Wie in den anderen beiden Teilen der Trilogie, von der alle auch für sich alleine funktionieren, ist das Ganze dabei weich gebettet eine eine ziemlich einzigartige, schwerelose Atmosphäre, geschaffen nicht zuletzt durch die aus der Zeit gefallene jazzige Filmmusik. Ein liebevolles, vielschichtiges, zeitgemäßes Triptychon

(Daniel Bäldle)

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