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Barbara

Barbara
Deutschland 2012, Laufzeit: 108 Min., FSK 6
Regie: Christian Petzold
Darsteller: Nina Hoss, Ronald Zehrfeld, Jasna Fritzi Bauer, Marc Waschke, Rainer Bock
>> www.barbara-der-film.de

Der große Favorit der diesjährigen Berlinale wurde dort immerhin mit dem Preis für die beste Regie ausgezeichnet. Mehr als verdient hat ihn Christian Petzold für sein dezent sinnliches DDR-Liebesdrama „Barbara“, erneut mit Nina Hoss in der Hauptrolle. In kräftigen Farben und haptischen Bildern entwickelt er (eine) Geschichte, die atmet und erzählt gekonnt von Arbeitsverhältnissen, die zu Liebesverhältnissen werden.

Es ging Petzold nicht darum, die DDR in Form von Re-Enactment wieder auferstehen zu lassen, die Zeichenhaftigkeit wurde auf ein Minimum reduziert. Man braucht auch keine Honecker-Plakate oder rote Sterne zu sehen, um zu spüren, in was für einem System man sich hier befindet. Misstrauen und Vorsicht liegen unausgesprochen zwischen den menschlichen Beziehungen. Der Name Barbara kommt aus dem Griechischen und bedeutet „die Fremde“. Irgendwie passend gewählt für die erste Einstellung, in der die von Nina Hoss verkörperte Figur sich auf eine weiße Parkbank setzt und trotzig eine Zigarette raucht. „Sie wird nicht eine Minute zu früh kommen“, prophezeit lakonisch ein Mitarbeiter der Staatssicherheit, welcher sie zusammen mit dem Chefarzt eines Provinzkrankenhauses vom Fenster aus beobachtet. Barbara ist strafversetzt worden aus der Berliner Charité, weil sie einen Ausreiseantrag gestellt hat, um mit ihrem Freund aus dem Westen zusammen zu sein. Nach einer Inhaftierung, die sich zersetzend auf ihren Freundeskreis auswirkte, schickt man sie in eine ländliche Gegend, nahe dem Meer. Kühl und stolz verweigert sich Barbara ihren Arzt-Kollegen, von denen sie ohnehin vermutet, dass sie angewiesen sind über sie Berichte zu schreiben. Stattdessen plant sie gemeinsam mit ihrem West-Freund die Flucht übers Wasser nach Dänemark. Die beiden treffen sich heimlich im Wald, in entlegenen Hotels, er schickt ihr Geld, das sie vor den Schärgen der Obrigkeit verstecken muss. Doch als würde ihr Bewusstsein des baldigen Abschieds sie sensibler machen für das, was sie zurücklässt, zeigt uns auch Petzold eine nuanciertere, menschlichere DDR. Die Farben der Kleider und der Blumen, das sanfte Leuchten der Straßenlaternen, das durch die Vorhänge scheint, Barbaras blau geschminkte Augen, die ihren Kollegen aufmerksam und durchdringend mustern. Chefarzt André (Ronald Zehrfeld) nähert sich ihr an, zunächst zaghaft, schließlich mit einer sanften Forschheit. Irritiert stellt sie einen seltsamen Widerspruch fest, denn obgleich er mit den Behörden zusammen arbeitet, ist er im Gegensatz zu den sadistischen Überwachern, die sie mit unangemeldeten Leibesvisitationen schikanieren, ein Mann voller Sinnlichkeit und Wärme. Und auf einmal werden viele Dinge unklar – wie sehr sie diese Zukunft mit ihrem Freund noch möchte, was genau Andrés Absichten sind und welche Gefühle diese bei ihr auslösen.

Christian Petzold findet starke Bilder von rauhen Landschaften, über die der Wind stürmt oder der blauen Nacht, die sich gespenstisch über Nina Hoss‘ Gesicht legt. Oder eine einzige rote Blume in einer Vase am Tisch zwischen den beiden engagierten Ärzten in Weiß, die mehr ausdrückt als jeder Dialog. Es ist ein einziger Satz, den Barbaras Freund im Hotelzimmer zu ihr sagt, der plötzlich alles in Frage stellt, ein Satz den Drehbuchautor Harun Farocki zu aufdringlich fand und der von den weiblichen Mitarbeitern am Set jedoch eingefordert wurde: „Wenn du erst mal drüben bist, kannst du immer ausschlafen. Ich verdiene genug für uns beide.“ Als Barbara wenig später den Quelle-Katalog durchblättert, ist sie sich nicht mehr sicher, ob sich ihre Träume vom Westen einlösen werden. Arbeit ist ein identitätsstiftendes Moment, Barbara liebt und lebt ihren Beruf, genauso wie André. Es ist die Bewunderung und der Respekt vor dem gegenseitigen Engagement, welches den beiden schließlich eine Tür zu einem neuen Möglichkeitsraum öffnet.

(Silvia Bahl)

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