Dass die Ausstellungen zur Malerei in der DDR und mit Norbert Tadeusz parallel im Kunstpalast stattfinden, macht Sinn. Zeitgleich zum sozialistischen Osteuropa wurde in der Bundesrepublik figürlich, dabei realistisch gemalt. Aber die Umstände konnten nicht unterschiedlicher sein. Während in der DDR – mit dem Bitterfelder Weg und dem Sozialistischen Realismus – die Kunststile aufoktroyiert waren bzw. verboten wurden, waren sie im Westen freie Entscheidung des Einzelnen, konkurrierten hier freilich mit Ismen wie der Concept und der Minimal Art. Vor allem in den 1960er und 1970er Jahren war für maßgebliche Teile des Kunstbetriebs nicht nur die Figur, sondern auch die Malerei undenkbar. Natürlich war Norbert Tadeusz (1940-2011), dem der Kunstpalast jetzt eine schöne, wenn auch selektive Überblicksausstellung ausrichtet, ein Einzelgänger der westdeutschen Kunst, der aber an seinem Wohnort Düsseldorf mit seiner Malertradition oder als Professor für Malerei in Braunschweig sehr angesehen war. Sein maßgebliches Sujet ist der weibliche Akt, den er oft in einem Interieur verspannt. Dabei zitiert er – wie überhaupt in seiner Malerei – die Kunstgeschichte. Sein Realismus ist expressiv, farbintensiv, vibrierend und zeigt Malerei als Malerei.
Ganz anders in der Kunst der DDR. Aber wie mit dem System umgehen, dieses kommentieren und wie im übrigen die Kunst machen, die einem liegt? Dazu stellt der Kunstpalast 13 prominente Positionen der Malerei der DDR von den Nachkriegsjahren bis zum Mauerfall vor. Sie verkörpern Euphorie, überzeugte oder zweifelnde Anpassung, Rückzug, Verweigerung und Protest. Zu sehen ist nicht nur nur eine Stilgeschichte der Malerei in der DDR, sondern auch, wie figürliche Malerei innere Befindlichkeiten zum Ausdruck bringen kann.
Die heutige Gegenwart der Kunst ist dann etwa in der Ausstellung von Carsten Nicolai in K21 im Ständehaus zu sehen, wo der Mensch sozusagen von außen in digitale Settings und abstrakte Soundkulissen eintritt. Oder im Ludwig Forum in Aachen, wo Louisa Clement mit eindringlichen Bildern den Menschen im Zeitalter der digitalen Medien thematisiert und die abstrahierte Figur – als Schaufensterpuppe – in der fotografischen Wiedergabe im schönsten Realismus zeigt, der um so absurder ist. Natürlich geht es ihr um Fragen des Individuums und der Identität des Einzelnen in kommerziell globalisierten, vom Internet gelenkten Zeiten, die heute auf uns einprasseln. Auch deshalb sind Positionen wie die von Gerhard Altenbourg in der DDR-Ausstellung und von Norbert Tadeusz so wichtig.
Utopie und Untergang. Kunst in der DDR, bis 5. Januar
Norbert Tadeusz, bis 2. Februar
Kunstpalast, Ehrenhof 5-5 in Düsseldorf, Di-So 11-18, Do 11-21 Uhr
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