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Wonder Wheel

Wonder Wheel
USA 2017, Laufzeit: 101 Min., FSK 12
Regie: Woody Allen
Darsteller: Kate Winslet, James Belushi, Justin Timberlake
>> www.warnerbros.de/kino/wonder_wheel.html

Wonder Wheel“ beginnt mit Mickey (Justin Timberlake), einem Möchtegern-Drehbuchschreiber, der als Rettungsschwimmer am Strand von Coney Island arbeitet, und sich quasi an Woody Allens Stelle erst einmal entschuldigt: „Ich liebe Melodramen, mit Protagonisten bigger than life.“ Davon jedenfalls gibt es genügend in diesem Film, der in den 50er Jahren angesiedelt ist und von Kameramann Vittorio Storaro in Farben gehüllt wird, die uns an einen verwunschenen Sehnsuchtsort mitnehmen.

Hier lebt Ginny (Kate Winslet) mit ihrem zweiten Ehemann, dem Karussellbetreiber Humpty (Jim Belushi), und ihrem zehnjährigen Sohn. Früher einmal war sie ein feuriger Rotschopf, verheiratet mit einem Jazz-Musiker, den sie verehrte und voller Hoffnungen auf eine Karriere als Schauspielerin. Doch diese Zeiten scheinen lange vorbei, sie arbeitet in einem Meeresfrüchte-Imbiss und erträgt geduldig die Launen ihres grobschlächtigen Mannes, nur um ihrem Sohn eine möglichst unbeschwerte Jugend zu ermöglichen. Psychisch nicht gerade stabil, fällt es Ginny nicht immer leicht, die Familie zusammenzuhalten und Humpty vom Alkohol fernzuhalten, den sie als eigene eiserne Reserve im Spülschrank versteckt. Ansonsten sind es ihre langen Spaziergänge am pittoresken Strand von Coney Island, die ihr Mut machen und eines Tages auf den Rettungsschwimmer Mickey treffen lassen. Dieser erkennt in ihr eine Art ‚damsel in distress‘, die zu retten er wohl für seine berufliche Pflicht hält, während Ginny um ihre eigene Verlorenheit weiß und in ihm den rettenden Strohhalm sieht. Trotz ihres Altersunterschieds ist Mickey einem Flirt nicht abgeneigt und spült sie vom Strand in eine märchenhafte Liebesgeschichte.
Zuhause dagegen spitzen sich die Dinge zu, als Carolina (Juno Temple), Humptys Tochter aus erster Ehe, aufkreuzt und um Unterschlupf bittet, weil sie von einer Gangsterbande und deren Chef, den sie gerade verlassen hat, verfolgt wird. Des öfteren muss sie Humpty an seine Vaterpflichten erinnern, denn dem passt die Situation gar nicht, und tatsächlich wird die gemeinsame Unterkunft schnell zu klein für die vielen Probleme, die Woody Allen im folgendem genüsslich ausbreitet. Dagegen inszeniert er den Strand in seiner unendlichen Weite, nicht nur als Rückzugsort vor den Problemen, sondern auch als Sehnsuchtsort für Ginnys Träume von einem besseren Leben. Mit klapprigen Fahrgeschäften, schmutzigen Bars und dunklen Jazzclubs lässt er ein Nachkriegs-Coney Island entstehen, das Vittorio Storaro in lebhafte Farben hüllt: leuchtend gelbe Spaziergänge am Strand wechseln sich ab mit blau getönten nächtlichen Liebesszenen und mit rötlichen Strahlen, die ins dunkle Schlafzimmer fallen, und versetzen uns in eine Stimmung, die selbst die Hauptdarstellerin einmal mit „wie in einem dieser geliebten Filme“ beschreibt.
Es ist mal wieder überraschend, mit welcher Leichtigkeit und Stilsicherheit uns Woody Allen trotz der dramatischen Geschichte voller Leidenschaft, Gewalt und Verrat in träumerischer Nostalgie schwelgen lässt. Diese wird umso intensiver, je größer der Abgrund zum normalen Leben wird. Kate Winslet verleiht ihrem Charakter weiche, melancholische Züge, die den poetisch märchenhaften Anstrich des Films unterstreichen. Irgendwie scheint Allen ihr die Rolle auf den Leib geschrieben zu haben, so wie damals Cate Blanchet in „Blue Jasmine“. Auch wenn man beide Rollen nur schwer vergleichen kann, sind sie beide Höhepunkte weiblicher Schauspielkunst.

(Kalle Somnitz)

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