Synonymes
Frankreich, Israel, Deutschland 2019, Laufzeit: 124 Min., FSK 12
Regie: Nadav Lapid
Darsteller: Tom Mercier, Louise Chevillotte, Quentin Dolmaire
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Kritiker und Festival-Jurys sind sich selten einig, bei der diesjährigen Berlinale gab es jedoch einen gemeinsamen Favoriten, der schließlich mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet wurde. Einfach verblüffend, mit welchem Tempo der israelische Regisseur Nadav Lapid einen ganzen Kosmos an originellen Ideen entfaltet, und mit seinem wilden Gedankenfluss selbst das gewohnt cinephile Publikum zu überraschen vermag.
Vielleicht lässt sich „Synonymes" am besten als filmische Version der „allmählichen Verfertigung der Gedanken beim Reden" Heinrich von Kleists beschreiben. Denn anstatt eines klassischen Plots erwartet die Zuschauer hier ein assoziativer Sturz von einer einfallsreichen Szene in die nächste. Ein junger Israeli ist vor Vater/Staat nach Paris geflüchtet, und fest entschlossen ein „perfekter" Franzose zu werden. Seine Sprachfertigkeiten verfeinert er dabei über ein Wörterbuch, mit dessen Hilfe er Synonyme auswendig lernt, und immer wieder vor sich aufsagt, während er absurd-komische Begegnungen durchläuft. Doch Lapids Film wirkt nur äußerlich wie eine Migrationskomödie. Was den Rausch des Sprechens antreibt, ist etwas Unsagbares, das eigentlich im Zentrum steht: Die vielfachen Traumata der israelischen Geschichte. Insofern geht es gerade um die Unmöglichkeit der Identitätsfindung und der Übereinstimmung mit sich oder den historischen Narrativen eines Volkes.
(SILVIA BAHL)