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Stadt als Beute
Deutschland 2005, Laufzeit: 96 Min., FSK 12
Regie: Irene von Alberti, Miriam Dehne, Esther Gronenborn, Rolf Peter Kahl
Darsteller: Richard Kropf, Inga Busch, Birol Ünel, Stipe Erceg, René Pollesch

Der Moloch Großstadt verschlingt früher oder später seine Bewohner. Das ist auch das Thema der Texte "Stadt als Beute" des Dramaturgen René Pollesch. Als Theater hat er die schon an der Volksbühne in Berlin inszeniert und lässt sie nun ganz freiwillig vom Medium Film verschlingen. Die Geschichte der drei jungen Schauspieler Lizzy, Marlon und Ohboy steht exemplarisch für das Leben in der Großstadt irgendwo zwischen Selbstinszenierung und Realitätsverlust: Marlon ist neu am Theater und in der Stadt. Er ist das erste Mal bei den Proben und gerät als Nachbesetzung in das Ensemble. Die anderen kennen sich schon länger. Er liest den Text, doch das ist Regisseur Pollesch (spielt sich selbst) zu wenig. Er soll die Texte fühlen. Dass er übers Wochenende auf einen kleinen Jungen aufpassen muß, hilft ihm natürlich auch nicht. Als der verschwindet entwickelt sich die Suche zu einer Odyssee durchs nächtliche Berlin, die mit einem Faustschlag ins Gesicht endet. Am nächsten Tag erscheint Marlon blutverschmiert bei den Proben und kann nun seinen Text. Lizzy sehnt sich nach Glamour und Ruhm und sucht gleichzeitig nach Geborgenheit. Sie strandet in einem Nachtclub und lernt dort, dass man sich in einer Welt der Oberflächlichkeit selbst inszenieren muss, um zu überleben. Ohboy kennt den Lebensraum Stadt. Das schützt ihn nicht davor, sich dort zu verlaufen und ständig die Theaterproben zu verpassen. Er probt seine Rolle direkt vor Ort auf der Straße, wo sie ja eigentlich auch hingehört. Mit subtilem Humor und schrägem Realismus erzählt der Film in drei Episoden vom Leben und Überleben in der Metropole, von Einsamkeit und Freundschaft, Erfolg und Anerkennung. Die Proben zu Réne Polleschs Inszenierung von "Stadt als Beute", jener furiosen Sammlung wahnwitziger Texte und Ausbrüchen voller Verzweiflung, bilden den gemeinsamen Ausgangspunkt der Episoden. Theater und Film haben viele Gemeinsamkeiten und noch viel mehr Unterschiede. Dessen sind sich die Filmemacherinnen sehr bewusst und tragen die Texte dorthin, wo sie geboren sind: vor Ort in die großstädtische Gegenwart. Die artifizielle Überhöhung bleibt trotzdem erhalten, wird nicht einer zweifelhaften filmischen Realität geopfert, sondern durch die Schaffung der fiktiven Probensituation zu René Polleschs Stück "Stadt als Beute" auf einen authentischen Boden gesetzt, von dem sie sich dann immer wieder lösen kann. So ergibt sich trotz der erkennbaren unterschiedlichen Handschriften der Regisseurinnen eine runde Sache. Hervorragend gespielt, visuell ansprechend inszeniert und mit genialem Soundtrack von jungen Electro-Kapellen versehen, ist STADT ALS BEUTE ein Film auf der Höhe der Zeit und dabei in seinen Aussagen trotzdem zeitlos.

(Eric Horst, playtime by biograph)

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