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Lieber Leben

Lieber leben
Frankreich 2016, Laufzeit: 111 Min., FSK 6
Regie: Grands Corps Malade, Mehdi Idir
Darsteller: Pablo Pauly, Soufiane Guerrab, Moussa Mansaly
>> www.lieberleben-film.de

Lachen ist Selbstmedikation, ermöglicht Distanz zu sich und unterwandert die Macht des Schicksals. Je nach Zusammenhang kann es natürlich auch sehr deplatziert sein. Sich delikaten Themen wie schweren Krankheiten oder Todesfällen, die eher zu bleiernem Ernst veranlassen, mit Humor zu nähern, ist ein Drahtseilakt. Olivier Nakache und Éric Toledano balancierten ebendieses Drahtseil mit "Ziemlich beste Freunde" bravourös entlang. Genauso macht es diese inspirierend hoffnungsvolle Tragikomödie, in der ein junger Sportler sich nach einem Schwimmunfall jäh in einer Reha-Klinik wiederfindet - fast vollständig gelähmt. Auch für ihn heißt es: entweder Einknicken oder mit Galgenhumor weitermachen!

Mal schummriges, dann grelles Licht. Aparte Gesichter, unzusammenhängendes Gerede. Gitter an der Neonlampe über dem Kopf, kleine Kästchen, die man zählen kann. Dann die Erkenntnis der eigenen Unbeweglichkeit. Benjamin (Pablo Pauly) wacht im Krankenhaus auf. Ein Sprung ins Wasser hat sein ganzes Leben verändert, er ist gelähmt - von Kopf bis Fuß. Als sich ein Zeh regt, wird Hoffnung geweckt und man chauffiert ihn in eine Reha-Klinik, in der er mithilfe von Physiotherapie wieder auf Vordermann gebracht werden soll. Doch die Wochen vergehen und vergehen - mit nur minimalem Progress. Privatsphäre? Fehlanzeige. Zeit der Inventur: Morgens ist Fütterungszeit, der stets gut gelaunte Pfleger hievt den Gelähmten in ein Becken und wäscht ihn von Kopf bis Fuß. Ansonsten heißt es Fernsehen und sich mit der Routine des Reha-Alltags vom Rücken aus zu begnügen. Bei dieser Verdammung zur konstanten Untätigkeit passiert es schon mal, dass man die Stationspsychologin an der Nase rumführt und sich andere Kalauer erlaubt. Bald schon ist er in der Lage, Kontakt mit anderen Patienten zu knüpfen, die ihrem Schicksal ähnlich begegnen und etwaige Strategien entwickelt haben, um die Jahre dauernden Sekunden totzuschlagen. Als nach sichtbaren Fortschritten endlich der Rollstuhl in Benjamins Leben einzieht, rast er aus dem Zimmer und beginnt die Entdeckungstour ins Universum der Klinik - dort begegnet er Leidensgenossen, die zu Freunden werden. Und auch der hübschen Samia (Nailia Harzoune). Jeder trägt sein Bündel und bald muss Benjamin lernen, dass auch schwarzhumoriger Optimismus enorm viel Arbeit bedeutet und mönchische Geduld erfordert.
Grand Corps Malade, übersetzt "großer kranker Körper", ist der Künstlername des Regisseurs, der eigentlich Fabien Marsaud heißt. "Lieber Leben" ist zu großen Teilen seiner eigenen Lebensgeschichte nachempfunden, die er auch in seinem autobiografischen Roman "Patients" niederschrieb. Natürlich erinnern Rahmenhandlung und der tragikomische Grundton sofort an "Ziemlich beste Freunde", der Film braucht den Vergleich aber überhaupt nicht zu scheuen, da er seine eigenen Ideen und Ansätze konsequent weiterentwickelt. Der wichtigste Unterschied ist vermutlich, dass man stets am wunderbar aufspielenden Pablo Pauly bleibt und seine gehandicapte Perspektive auf die Welt eingenommen wird. Vom Bett aus leidet man als Zuschauer seine Qualen mit, teilt seine Scham, wenn er sich hilflos vom Pfleger waschen muss, und empfindet die bittere Ironie seiner Situation nach. Unaufdringlich bewegend, fernab von jeglicher Sentimentalität und mit Hip-Hop-Beats werden die kleinen, mühseligen Erfolge im langsamen Rehabilitationsprozess gefeiert.

(NATHANAEL BROHAMMER)

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