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Kreuzweg

Kreuzweg
Deutschland 2014, Laufzeit: 107 Min., FSK 12
Regie: Dietrich Brüggemann
Darsteller: Lea van Acken, Franziska Weisz, Florian Stetter
>> www.kreuzweg-derfilm.de/

Ausgezeichnet mit dem silbernen Bären für das beste Drehbuch, das er zusammen mit seiner Schwester Anna verfasst hat, erzählt Dietrich Brüggemann („Renn, wenn du kannst“) eine intensive und erschütternde Geschichte über die Konsequenzen religiösen Fundamentalismus. Damit schafft er ein wichtiges Statement, welches aufzeigt, dass jenes fanatische Denken ebenso in der westlichen Kultur verwurzelt ist und dessen Zulauf heute mehr denn je problematisiert werden muss.

Die 14jährige Maria (Lea van Acken) ist hin und her gerissen zwischen zwei Welten. In der Schule ist sie konfrontiert mit den vermeintlichen Normalitäten des Teenager-Lebens, doch Facebook, Popmusik und Kontakt zum anderen Geschlecht ist für ihre streng gläubige Mutter (Franziska Weisz) nicht nur völlig inakzeptabel, sondern eine tatsächliche Sünde. Zuhause folgt Maria den strengen Regeln einer katholischen Bruderschaft, welche die kirchlichen Reformen zurückweist, um den Glauben in seiner reinen, unverfälschten Form gegen die Bastion des modernen Sündenpfuhles zu verteidigen. So werden die Kinder im Firmunterricht nicht nur mit der Geschichte Jesu bekannt gemacht, sondern angehalten, als „Soldaten Gottes“ den alltäglichen Versuchungen zu widerstehen und andere zu missionieren.

Maria glaubt an Gottes bedingungslose Liebe, vor allem weil sie diese in ihrer Familie nie erfahren hat. Tyrannisch und voller unkontrollierter Aggression führt die Mutter ein eisernes Regiment aus Kontrolle und Strafe, in der Angst, ihre Tochter könnte ihr entgleiten. Auch mit dem frühkindlichen Autismus ihres kleinen Sohnes Johannes ist sie überfordert, ein weiteres Symptom für die Sprachlosigkeit, die in jener Familie herrscht.

Als Maria schließlich einen Jungen aus der Parallelklasse kennenlernt, den sie zu mögen beginnt, eskaliert die Situation zu Hause, denn jede mögliche Abweichung vom Familiensystem stellt eine Bedrohung dar, welche die Mutter mit Gewalt beantworten wird.

In 14 streng komponierten einzelnen Kameraeinstellungen erzählt Brüggemann von dem Martyrium einer kindlichen Emanzipation, das auf seine eigene Art subversiv ist. Das Mädchen gibt den Glauben nicht auf, sie steigert ihn ins Extreme, als sie schließlich Gott ihr Leben im Gegenzug für die „Heilung“ ihres kleinen Bruders anbietet, damit dieser zur Sprache zurückfindet. Und dennoch geht sie damit über das dogmatische Denken der religiösen Gemeinschaft hinaus, wenn sie die vermisste Liebe absolut setzt, die, im tatsächlichen Sinne Christi, wenn man so will, sich der völligen Aneignung durch Kirche und Konformität stets entziehen wird. Und so bleibt Marias persönlicher Kreuzweg eine tragische Antwort auf die gewaltsamen Schließungsversuche ihrer Familie, der zwar am Ende tatsächlich etwas bewegt, den Zuschauer aber mit großer Ambivalenz zurück lässt, ähnlich wie Lars von Triers „Breaking the Waves“, der, zusammen mit Hans-Christian Schmids „Requiem“, sicherlich einen großen Einfluss für den Film darstellt. Dennoch findet Brüggemann seine eigenen Akzente in formaler wie inhaltlicher Hinsicht. Die Entscheidung für eine einzelne fixierte Kameraeinstellung in jedem Abschnitt bietet vor allem den Schauspielern die Möglichkeit ihre Darstellung bis zur Höchstleistung zu intensivieren.

Außerdem findet sich so auch in der Formebene ein Kommentar zur Problematik des Monotheismus, dessen Vorstellung eines Gottes stets an die gewaltsame Perspektive einer Wahrheit ohne Zwischentöne und Bilder gebunden ist.

Brüggemann gelingt ein kontroverser und nachdrücklicher Kommentar auf die Gefahren einer Re-Radikalisierung der Gesellschaft.

(Silvia Bahl - biograph)

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