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Kleine schmutzige Briefe

Kleine schmutzige Briefe
Großbritannien, Frankreich 2023, Laufzeit: 101 Min., FSK 12
Regie: Thea Sharrock
Darsteller: Olivia Colman, Jessie Buckley, Anjana Vasan

Die kleine Küstenstadt Littlehampton ist in Aufruhr als eine unbekannte Person seltsame Briefe mit lauter anstößigen Beschimpfungen und obszönen Unterstellungen verschickt. Die fromme Edith Swan (Olivia Colman) ist eine der betroffenen Personen. Sie und die anderen Bewohner:innen sind sich jedoch sicher, dass die vulgären Briefe nur von einer Person sein können: ihrer lebhaften Nachbarin Rose Gooding (Jessie Buckley). Es entsteht ein skurriler und aberwitziger Nachbarschaftsstreit, der seinen Zuschauer:innen nicht nur beibringt, wie man in englischer Sprache anständig flucht.

Es mag absurd klingen, doch Regisseurin Thea Sharrock („Ein ganzes halbes Jahr") inszeniert mit der Tragikomödie KLEINE SCHMUTZIGE BRIEFE einen britischen Skandal, der auf wahren Begebenheiten beruht. Die Geschichte soll sich in den 1920er-Jahren in Littlehampton, England zugetragen haben. Die perfekte Grundlage für einen guten Film.
Aufgrund der schwerwiegenden Anschuldigungen gegen die alleinerziehende Mutter Rose Gooding zerbricht nicht nur die widersprüchliche Freundschaft zwischen ihr und Edith. Die ernsthaften Anschuldigungen machen außerdem schnell die Runde und bedrohen zunehmend ihren Alltag. Es scheint fast, als gäbe es kaum einen Ausweg, auch wenn sie unschuldig wäre. Schnell fängt auch Scotland Yard mit seinen Ermittlungen an, doch so wie die Bewohner:innen ist auch die Polizei sich sehr schnell sicher, in Rose die Schuldige gefunden zu haben. Nur die junge Polizistin Gladys Moss (Anjana Vasan) vertraut nicht darauf, dass das Ganze so leicht zu lösen ist, während sie gleichzeitig mit eigenen Problemen zu kämpfen hat, denn als Frau in der Branche hat sie es nicht leicht. Genervt von den Regeln und ihren männlichen Kollegen begibt sie sich auf eigene Faust auf die Suche nach dem/der mysteriösen Verfasser:in und findet in einer Gruppe von Frauen Verbündete. Die Briefe erreichen weiterhin die Bewohner:innen der Stadt. Es entsteht ein Spiel gegen die Zeit, denn Rose steht kurz davor, das Sorgerecht für ihre Tochter zu verlieren.
KLEINE SCHMUTZIGE BRIEFE ist purer britischer Humor mit gut geschriebenen und vielfältigen weiblichen Charakteren, die im Mittelpunkt stehen. Die pointierten Dialoge zeichnen den Film aus und machen ihn besonders unterhaltsam. Dabei schafft der Film eine mühelose Balance zwischen Tragik und Komik. Es gibt ernste Momente und Wendungen, die Selbsthass und psychische Erkrankungen anreißen und auch wenn der Film an diesen Stellen nur an der Oberfläche kratzt – schließlich ist es immer noch eine Krimikomödie –, liegen auch hier seine Stärken.
Darüber hinaus ist es einfach wundervoll, Olivia Coleman dabei zuzusehen, wie sie diese kleinen schmutzigen Briefe vorliest und dabei ihre beste Gesichtsmimik zu Tage bringt. Dabei scheint ihr die Rolle u.a. nach "The Favourite" und "Fleabag" wie auf den Leib geschnitten. Auch Jessie Buckley ("I'm Thinking of Ending Things") ist wie gemacht für die Rolle der selbstbewussten und aufmüpfigen Rose und geht keineswegs unter neben der fantastischen Olivia Coleman. Die bisher eher unbekannte Anjana Vasan ("Killing Eve") wird man vermutlich von nun an öfter sehen und das völlig zu Recht. Ein weiterer spannender Aspekt ist, dass es heutzutage ein Leichtes ist, sowohl anonym als auch namentlich über Social Media eine Person zu beleidigen, ob privat oder öffentlich. Es ist fast schon "normal" im Internet mit so etwas konfrontiert zu werden, anders war das jedoch 1920 – ein wahrer Skandal.

(Sarah Falke )

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