Gretel & Hänsel
USA 2020, Laufzeit: 87 Min., FSK 16
Regie: Osgood Perkins
Darsteller: Sophia Lillis, Alice Krige, Samuel Leakey
Wie es der Titel schon vermuten lässt, steht Gretel im Vordergrund dieser Neuinterpretation des Grimm'schen Märchens. Eine junge Frau an der Schwelle des Erwachsenwerdens, die mit ihrem kleinen Bruder von der Mutter aus dem Haus gejagt wird, weil diese sie nicht mehr versorgen kann. Beide verlaufen sich im Wald, bis sie auf ein Haus mit reich gedecktem Tisch stoßen. Wem dieses Haus gehört, braucht man an dieser Stelle wohl nicht weiter erläutern...
Einerseits ist „Gretel & Hänsel" erstaunlich nah an der Vorlage, besonders was Zeit und Atmosphäre angeht. Andererseits steht bei Osgood Perkins, dem Sohn des legendären Schauspielers Anthony Perkins, die Frauenperspektive an erster Stelle. Es geht ihm um die Charakterisierung von Gretel und der Hexe. Nicht nur einmal spiegelt er beide, zeigt sie als Opfer ihrer eigenen Notlage. Gretels Coming-of-Age ist der Hexe ihre Angst vor Zerfall und Einsamkeit, die sie nur besiegen kann, in dem sie sich die Kinder einverleibt.
Formal beeindruckt das düster-expressionistische Setting, welches sich heidnischem Symbolismus und einem gewissen Naturmystizismus bedient, das aber immer wieder auch mit modern anmutenden Elementen gebrochen wird. Der effektvolle, elektrolastige Soundtrack von Robin Coudert verstärkt diesen Unterschied zwischen Tradition und Moderne, wirkt aber gleichermaßen als verbindendes Element.