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El Club

El Club
Chile 2015, Laufzeit: 98 Min., FSK 16
Regie: Pablo Larraín
Darsteller: Roberto Farías, Antonia Zegers, Alfredo Castro
>> el-club-der-film.de

Die Missbrauchsfälle der katholischen Kirche haben für viel Entsetzen und Diskussionsstoff gesorgt, der auch filmische Aufarbeitung inspiriert hat. Pablo Larraíns Zugang ist dies besonders gelungen, weil er durch seine dramatische Zuspitzung eine struktuelle Ebene thematisiert, die bislang wenig beleuchtet wurde: Den systematischen Schutz jener Priester durch die Entsendung der Kirche in eigens dafür angelegte Heimstätten, denen es keineswegs an Lebensqualität fehlt. Eindringlich und mit notwendiger Schärfe entwickelt Larraín ein in viele Kontexte übertragbares Kammerspiel über die Folgen von Straflosigkeit.

Angefangen hat alles mit einem Foto, das der chilenische Regisseur in einer Zeitung fand. Darauf war ein Priester zu sehen, der des Kindesmissbrauchs beschuldigt wurde - statt auf einer Anklagebank fand sich der Mann kurze Zeit später jedoch in einem komfortablen Häuschen in der Schweiz wieder, was sich nach weiteren Recherchen keineswegs als Einzelfall erwies.

Hier setzt nun auch Larraíns dramatische Konstruktion an, die auf einem von ihm geschriebenen, monologischen Theaterstück basiert, in dem ein Missbrauchsopfer versucht, seine Marginalisierung und Verzweiflung zum Ausdruck zu bringen. Es ist die Stimme jenes Opfers, welche nun im Film eine ganz spezielle Wohngemeinschaft an der rauen nordchilenischen Küste heimsuchen wird, in der einige in die Jahre gekommene Priester unter der Aufsicht der unterkühlten Ordensschwester Monica leben. Ein blutiger Zwischenfall sorgt dafür, dass die Kirche gezwungen ist, einen Abgesandten in das Haus zu schicken, um die Angelegenheit aufzuklären. Dieser zeigt sich als Vertreter einer unbequeme Reformströmung, die Schluss machen will mit den Vertuschungen und Privilegien, so dass eine Verhörsituation beginnt, welche weite Teile des Films zur intimen Tour-de-Force werden lassen. In einer mit Haneke vergleichbaren Drastik geht Larraín die Zuschauer auf allen Ebenen an, und es ist genau jene Explizitheit der Dialoge und Situationen, die notwendig ist, um das eigentlich Obszöne herauszustellen, das allzu schnell in Gefahr läuft, totgeschwiegen zu werden. Auf diese Weise entzieht er sich auch jeder mildernden Melodramatik und zeigt die Verbrechen, als das was sie sind: Als etwas Unfassbares, das gesellschaftlich adressiert werden muss und erst dann die notwenigen Konsequenzen nach sich ziehen kann.

Den klaustrophobischen Szenarien im Haus stellt Larraín, mit einer ganz besonderen Kameratechnik, die atmosphärische Natur der nordchilenischen Küste gegenüber. Fotografiert mit anamorphen, sowjetischen Linsen erreicht er auf diese Weise eine Ästhetik, die schon Tarkowski verwendete, um die Verlassenheit des Menschen in überwältigender existenzieller Bedrängnis zu inszenieren. Dies korrespondiert hervorragend mit den Themen der Schuld und des Glaubens, die Larraín hier aufgreift und für die er eindrucksvolle Bilder findet, die noch lange nachwirken. So ist die Unschärfe auf der Kontur- und Farbebene eine Abstraktion der unerträglichen moralischen Unschärfe, in der sich die Figuren bewegen. In den Einzelgesprächen offenbaren sie alle ihre Angst und Instabilität, sind sie jedoch als Club gemeinsam im Bild vereint, zeigt sich die perfide Kontinuität der Gewalt, wie sie ein System von Straflosigkeit ermöglicht. Der chilenische Diktator Pinochet wurde nie verurteilt und starb als Millionär, bemerkt Larraín, dessen Gesamtwerk sich mit der Aufarbeitung der Vergangenheit seines Landes auseinandersetzt. Die Gründe dafür können nur in einer gesamtgesellschaftlichen Betrachtung gesucht werden. So ist „El Club“ ein wirklich brillanter Film, der die richtigen Fragen stellt und niemanden kalt zurück lassen wird.

(Silvia Bahl)

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