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Die Wütenden – Les Misérables

Die Wütenden – Les Misérables
Frankreich 2019, Laufzeit: 102 Min., FSK 12
Regie: Ladj Ly
Darsteller: Damien Bonnard, Alexis Manenti, Djebril Didier Zonga
>> www.wildbunch-germany.de/movie/die-wuetenden

"Es gibt keine schlechten Menschen, wie es auch keine schlechten Pflanzen gibt, es gibt nur schlechte Gärtner." Mit diesem Zitat von Victor Hugo endet Ladj Lys Debütfilm, der von den Aufständen in der Pariser Banlieue 2005 inspiriert wurde und auf dem Filmfest in Cannes mit dem Preis der Jury ausgezeichnet wurde.

Der französisch-malische Regisseur Ladj Ly folgt dabei einer Anti-Kriminalitäts-Brigade, bestehend aus drei französischen Polizisten, die versuchen, ihren Bezirk irgendwo in der Pariser Banlieue sauber zu halten oder zumindest das Schlimmste zu verhindern. Die multikulturelle Bevölkerung hat sich hier längst eine Parallelwelt geschaffen, in der sie selbst für Recht und Ordnung sorgt. Probleme gibt es immer dann, wenn unterschiedliche Ethnien aneinandergeraten oder die Polizei eingreifen will. Widerstand gegen die Staatsgewalt ist hier kein Verbrechen, sondern bürgerliche Pflicht. Das erfahren die Polizisten, als sie in einem Streit zwischen Sinti und Muslimen vermitteln wollen, der entstand, weil dem Zirkus ein Löwenbaby gestohlen wurde. Die Ermittlungen der Polizisten führen sie tief in die muslimische Gemeinschaft, wo sie auf viele gewaltbereite Jugendliche treffen, bei denen sie sich erst einmal Respekt verschaffen müssen. Dabei kommt es zu einem nicht korrekten Einsatz, bei dem ein Junge schwer verletzt wird. Das ganze Szenario hat ein junger Amateurfotografen mit seinem Handy aufgenommen, für das er eine Sonde gebaut hat, mit der er eigentlich heimlich den Mädchen aus dem Block nachspioniert, jetzt aber Zeuge dieses unkorrekten Polizei-Einsatzes wird und diesen auf seinem Kamera-Chip gespeichert hat. Fortan gilt das erste Interesse der Polizisten nicht mehr dem Löwenbaby, sondern dem Speicherchip des Jungen. Eine Verfolgungsjagd beginnt, die uns immer tiefer in den Dschungel dieser Community und ihrer wenig transparenten Macht-Hierarchie führen.
Dabei gelingt es Ly, beinahe beliebig Spannungsbogen und Tempo anzuziehen, so dass selbst der Zuschauer droht, außer Atem zu kommen. Vielleicht sind es seine Abstammung und seine eigenen Erfahrungen, die diesen Film so authentisch werden lassen. Keinen Moment hat man Zweifel an dem Verhalten seiner Protagonisten, kann ihre Lebensumständen und ihre Reaktionen darauf nachvollziehen und meint, ihren Atem spüren zu können. Begriffe wie Recht und Unrecht lösen sich auf. Hier sind alle Opfer, Opfer eines Systems, das seine zivilisatorischen Wurzeln längst verloren hat. Und so ist das Leben in diesem Bezirk zu einem täglichen Kampf ums Überleben geworden. Hierzu haben sich längst Parallelgesellschaften gebildet, Familienclans übernehmen die Macht, und das Wort des Imams steht über dem der Polizisten. Li zeigt aber auch die Spannungen innerhalb dieser Community, zeigt den Aufstand der Jugendlichen gegen die verkrustete und stark religiös geprägte Ordnung der Einwanderer. Der Job der Polizisten wird dabei zur Farce, und wenn am Ende der Diebstahl des Löwenbabys aufgeklärt und der Speicherchip sichergestellt ist, ist die öffentliche Ordnung längst noch nicht wiederhergestellt. Die Jugendlichen rebellieren nicht nur gegen die Polizeigewalt, sondern auch gegen die Machtstrukturen der Erwachsenen und das mit einer Brutalität, die tatsächlich an Victor Hugos Straßenkämpfe in "Les Misérables" - so der Originaltitel - erinnern.

(Kalle Somnitz)

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