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Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush

Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush
Deutschland, Frankreich 2022, Laufzeit: 100 Min., FSK 6
Regie: Andreas Dresen
Darsteller: Meltem Kaptan, Alexander Scheer, Charly Hübner
>> rabiye.film

2013 besuchte uns Murat Kurnaz im Metropol, um unseren Zuschauern des Dokumentarfilms FÜNF JAHRE LEBEN, der dessen Schicksal in Guantanamo beschreibt, Rede und Antwort zu stehen. Es war ein denkwürdiger Abend, und niemand hätte es wohl für möglich gehalten, dass einmal aus diesem schweren Stoff ein unterhaltender Spielfilm hervorgeht.

Tatsächlich beschäftigt sich Regisseur Andreas Dresen schon seit 2008 mit diesem Thema. Damals traf er Murat in Bremen und lernte seinen Rechtsanwalt Bernhard Docke kennen, der ihm erst einmal die komplizierte Rechtslage erklärte. "Es ist eine Geschichte von Willkür, Unrecht und Terror, perspektivlos und ohne Hoffnung, beinahe wie bei Kafka", erklärte Dresen auf der Pressekonferenz in Berlin. Daraus einen Film zu machen erschien ihm zu düster, zu hoffnungslos. Doch dann lernte er Murats Mutter, Rabbiye Kurnaz, kennen. Sie ist ein wahrer Sonnenschein, eine einfache Frau, aber eine mit Turbo-Power. Aus ihre Perspektive wollte er Murats Geschichte erzählen und Laila Stieler half ihm in ihrer siebten Zusammenarbeit, ein entsprechendes Drehbuch zu verfassen.

Murat Kurnaz saß über fünf Jahre in Guantanamo ein, wurde ohne Anklage, ohne Beweise festgehalten und gefoltert und als er endlich entlassen werden sollte, verweigerte Deutschland ihm die Einreisegenehmigung, weil er seine deutsche Staatsbürgerschaft nicht fristgerecht verlängert hatte. Doch der Film erzählt nicht von Murat, nicht von Guantanamo, nicht von den Haftbedingungen, sondern von seiner Mutter Rabiye. Sie lebt in einem türkischen Viertel in Bremen, wo alle bei Mercedes arbeiten, auch ihr Mann. Mit viel Humor und Lebenslust hält sie die Familie zusammen und kümmert sich um Kind und Kegel. Dass sie von Murat schon länger nichts mehr gehört hat, bringt sie fast um den Verstand und als sie herausbekommt, dass er kurz nach den Anschlägen vom 11. September 2001 des Terrorismus bezichtigt und (als einer der Ersten) ins Gefangenenlager Guantanamo verfrachtet wurde, läuft die resolute Deutsch-Türkin zum nächsten Anwalt, um ihn um einen Besuchstermin zu bitten. Doch das ist erst der Anfang einer Odyssee ins Herz der Weltpolitik, die sie bis vor den Supreme Court nach Washington führt. Sprachschwierigkeiten spielen hier keine Rolle, denn jeder versteht auf Anhieb, was dieses impulsive Mutter will. Wie eine Löwin kämpft sie um ihr Kind, kein Gegner schreckt sie ab und ganz nebenbei sorgt sie in ihrem Umfeld immer für beste Stimmung. Laila Stieler hat Dresens Idee in ein kongeniales Drehbuch umgesetzt, dass von der deutsch-türkischen Comedienne Meltem Kaptan mit überwältigender Präsenz und erdigem Alltagswitz umgesetzt wird. Dabei hatte diese zunächst gedacht, dass ihre Rolle viel ernster anzulegen wäre, doch als sie Rabiye kennenlernte, wusste sie auf Anhieb, was Dresen von ihr wollte. Ihm ging es um Authentizität, weshalb er auch die Bilingualität im Film erhalten wollte. Beide Frauen wurden völlig zu Recht mit einem Silbernen Bären ausgezeichnet..

"Ob er sein Vertrauen in den Rechtsstaat verloren hätte", wurde Dresen auf der Pressekonferenz gefragt, was er verneinte, denn der Sieg vor Gericht war eigentlich nur eine Frage der Geduld. Er habe aber sein Vertrauen in manchen Politiker verloren. Man kann Unrecht nicht ungeschehen machen, aber man kann sich wenigstens entschuldigen, meinte er in Bezug auf den damals zuständigen Beamten, der die Aufnahme Kurnaz in Deutschland verhinderte und heute unser Bundespräsident ist.

(Kalle Somnitz)

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