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Manchester by the Sea

Manchester by the Sea
USA 2016, Laufzeit: 139 Min., FSK 12
Regie: Kenneth Lonergan
Darsteller: Casey Affleck, Michelle Williams, Kyle Chandler, Lucas Hedges
>> www.manchester-by-the-sea.de/

Feinfühlige und subtile Kleinstadt- und Familien-Porträts sind die Spezialität Kenneth Lonergans. Schon sein Regiedebüt „You Can Count On Me“ mit Laura Linney wurde 2000 für die Golden Globes und den Oscar nominiert. Mit „Manchester by the Sea“, der Geschichte eines Mannes, der nach dem Tod seines Bruders für seinen Neffen Verantwortung übernehmen muss und dabei schmerzhaft mit der eigenen Vergangenheit konfrontiert wird - kehrt er nun zurück in unsere Kinos. Nicht nur seinem Lieblingssujet ist er dabei treu geblieben – auch die Nominierungen sprudeln wieder. Neben den fünf Globe-Nominierungen, die er bereits bekommen hat, stehen auch die Chancen für entsprechende Oscar-Nominierungen ausgesprochen gut.

Im Zentrum des Films steht Lee Chandler, ein wortkarger, knurriger Einzelgänger, der als Hausmeister in Boston ein zurückgezogenes Leben führt. Er hat keine Freunde und meidet sogar ganz bewusst jeden sozialen Kontakt, auch den zu seiner nur wenige Autostunden entfernt lebenden Familie. Sein Leben wird aus der Bahn geworfen, als ihm ein Schreiben ins Haus flattert, sein herzkranker Bruder Joe sei plötzlich verstorben. Um dessen Angelegenheiten zu regeln, kehrt er widerwillig zurück in seinen Heimatort Manchester by the Sea im ländlichen Massachusetts mit der Absicht, diesen so schnell wie möglich wieder zu verlassen. Doch daraus wird nichts, eröffnet ihm doch der Testamentsvollstrecker, sein Bruder habe ihn als Vormund für dessen 16-jährigen Sohn Patrick bestimmt. Lee ist entsetzt. Allein die Vorstellung, in seinen Geburtsort zurückzukehren und dort gemeinsam mit jemandem anderen zu wohnen, versetzt ihn in Panik. Andererseits fühlt er Verantwortung für den Teenager, der nach dem schmerzlichen Verlust alleine dasteht und sonst in ein Heim müsste. So bleibt er zunächst und versucht verzweifelt, eine für beide Seiten tragbare Lösung zu finden, wobei er zwangsläufig wieder alte Kontakte aufnehmen muss.

Lernen wir zu Beginn unseren Protagonisten als einsamen Wolf kennen, zeigt uns Lonergan im Laufe der Handlung durch zahlreiche oftmals abrupt in die Handlung eingefügte Rückblenden ganz andere Facetten seines Charakters – in einem Leben in der Vergangenheit, mit dem er völlig abgeschlossen zu haben scheint. Dort ist er zu unserem Erstaunen ein voll in die Gemeinde integrierter liebevoller Bruder, Onkel, ja sogar Ehemann und Familienvater - quasi ein völlig anderer Mensch als den, den wir bisher kennengelernt haben. Doch wie konnte es soweit kommen, das ist die Frage, die sich stellt und die der Film nach und nach enthüllt – bis hin zu einem Ereignis, das das Leben aller Beteiligter für immer verändert.

In seinem Drama um Schuld und Vergebung, Trauer und Traumabewältigung legt Lonergan Wert auf präzise Beobachtung, leuchtet nuanciert feinste Facetten zwischenmenschlicher Beziehungen aus, wobei seine Figuren stets authentisch und lebensnah wirken. Das liegt neben der feinfühligen Regie und dem hervorragenden Drehbuch auch an der famosen Darstellerriege, darunter Michelle Williams, Newcomer Lucas Hedges und Casey Afflek mit der wohl besten Leistung seiner bisherigen Karriere. Bei aller Tragik verzichtet Lonergan dabei nicht auf (vielfach schwarzen) Humor, was die dem Film zugrunde liegende tiefe Melancholie wohltuend aufhellt.

(Anne Wotschke)

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