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Die große Versuchung – Lügen bis der Arzt kommt
Kanada 2013, Laufzeit: 113 Min., FSK 0
Regie: Don McKellar
Darsteller: Brendan Gleeson, Taylor Kitsch, Liane Balaban
>> www.die-grosse-versuchung.de
Von der Fischerei können die Fischer in dem kleinen Hafenstädtchen Tickle Head auf einer Insel vor Neufundland schon lange nicht mehr leben. Sie leben alle nur noch von der Wohlfahrt, und die einzige Aufgabe des Bankdirektors ist, die monatliche Stütze auszuzahlen. Aber auch ihm droht die Arbeitslosigkeit, denn sein Job soll durch einen Geldautomaten ersetzt werden. Doch es gibt eine kleine Hoffnung, eine Ölgesellschaft will hier eine Fabrik errichten und allen Bewohnern Arbeit bieten, doch Voraussetzung ist, dass es einen Arzt auf der kleinen Insel gibt.
Einen Arzt sucht der Bürgermeister schon seit acht Jahren vergeblich, doch wie es der Zufall so will, wird der Schönheits-Chirurg Dr. Lewis am Flughafen auf dem Festland mit Kokain erwischt. Zur Strafe wird er für vier Wochen nach Tickle Head versetzt. Eine einmalige Chance, die die Mitglieder der 120 Seelen-Gemeinde unbedingt nutzen wollen. Im Internet informieren sie sich über seine Vorlieben und offenen Wünsche und erfahren durch Anzapfen seines Telefons sogar von seinen geheimen. So beschließen sie, ihm ein wahres Paradies vorzugaukeln und lassen all seine Wünsche wie zufällig in Erfüllung gehen. Da verwandeln sich die grimmigen Hockeyfans des Dorfes in reizende Kricketspieler im zart rosafarbenen Dress, denn so viel weißer Stoff war auf die Schnelle nicht aufzutreiben. Aber auch beruflich bringt man dem neuen Arzt viel Aufmerksamkeit entgegen, und als die Damen von der Telefonvermittlung von seinen privaten Liebesproblemen erfahren, bringt der Bürgermeister die Dorfschönheit Miriam ins Spiel. Dank dieses Netzes aus verlockenden Lügen entsteht tatsächlich eine Freundschaft zwischen dem etwas schnöseligen Arzt und den arbeitslosen Fischern. Doch diese neue Freundschaft, stellt die rauen Männer auch vor eine harte Entscheidung, denn sie können den Arzt nicht ewig täuschen und müssen sich entscheiden, was ihnen wichtiger ist, der neue Freund vom Festland oder das Überleben des Dorfes.
Schon 2004 kam dieser Stoff unter dem Titel "Die große Verführung" in unsere Kinos und tatsächlich zeichnet Ken Scott, der damalige Autor, auch diesmal wieder für das Drehbuch verantwortlich. Man kann allerdings nicht feststellen, dass es in irgendeiner Form variiert worden wäre, denn damals wie heute ist "Die große Versuchung" ein wahres Feelgood-Movie, in dem Brendan Gleeson in der Rolle des armen Fischers, der Arbeit und Frau verliert, Drama und Komödie zusammenbringt. Denn der bärbeißige Mann lässt sich nicht unterkriegen und nimmt den Kampf gegen die New Economy auf. Dabei weiß er ein Dorf von 120 Seelen hinter sich, die seine teilweise ziemlich verrückten Ideen kommentarlos umsetzen, weil sie wissen, dass sie mit der Arbeit auf Dauer auch ihre Familien und letzten Endes ihre Würde verlieren.
Man mag dem Film vorwerfen, dass er den wirtschaftlich Konflikt etwas verniedlicht, und auch wenn sich am Ende die Ölgesellschaft für Tickle Head entscheidet, bedeutet dieser Triumph doch nur, dass er für all die anderen Städtchen in ähnlicher Lage, die sich auch um die Fabrik beworben haben, eine herbe Niederlage darstellt. Doch Regisseur Don McKellar geht es hier nicht um globale Wirtschaftskritik, sondern er fokussiert seinen Blick nur auf diese kleine Gemeinde, die mit viel Fischerschläue, robustem Gemüt und einem beneidenswerten Gemeinschaftssinn um ihre Existenz kämpft. Das verpackt in in großartige Landschaftsbilder und landestypische Musik macht "Die große Versuchung" zu einem Feelgood-Movie, das die Probleme des Alltags dennoch nicht ausblendet.
(Kalle Somnitz - biograph)
