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Das mobile Sondersaufkommando Weltkulturerbe

Die biograph Ouvertüre Juni 2014

Köln gehört dazu, der Mittelrhein genauso wie Zeche Zollverein, und selbst das Wattenmeer darf sich das begehrte Zeichen aufpappen. Da war es nur eine Frage der Zeit, bis Düsseldorf endlich auch in den erlauchten Kreis vordringen konnte. Düsseldorf wird Weltkulturerbe. Das heißt: Nicht ganz Düsseldorf wird Weltkulturerbe. Da passt schon die Unesco auf, dass diese edle Marke nicht allzu sehr inflationiert wird. Nein, es ist natürlich nur ein kleiner Teil von Düsseldorf, der sich künftig Weltkulturerbe nennen darf. Und es ist weder der Karneval noch sind es die Schützen, die da in den erlauchten Kreis aufgenommen werden.

Wer sich mit dem Begriff Weltkulturerbe schmücken will, muss halt etwas Besonderes vorhalten, etwas Einzigartiges, etwas, das es auf der Welt sonst nicht gibt, das zumindest nur an diesem einen Ort in dieser Ballung vorkommt. Also, um es kurz zu machen. Weltkulturerbe werden die Junggesellenabschiede in der Düsseldorfer Altstadt. In einer ausführlichen Stellungnahme lobt die Unesco diese einzigartige Einrichtung und stellte damit den ganzen Bereich zwischen Bolker Stern und Rathaus, zwischen Flinger und Kurze Straße unter Schutz.

Dort darf bis auf weiteres nichts mehr verändert werden. Jedenfalls nicht ohne Genehmigung der Unesco. Sonst droht Ungemach. Köln kann ein Lied davon singen, hatte es doch versucht, gegenüber vom Dom, also auf der anderen Rheinseite ein paar Hochhäuser zu bauen. Eines hatten sie hinbekommen, als die Unesco den Finger hob und mit dem Entzug des Begriffs Weltkulturerbe drohte. Der Dom werde entwertet durch die hohen Häuser auf der falschen Rheinseite, hieß es. Ein bisschen kleinlich wirkte das schon, aber wer ein Label vergibt, kann es halt auch wieder entziehen. So ist das.

Nun muss sich Düsseldorf darauf einstellen, dass die Touristenmassen demnächst umgeleitet werden. Nicht länger machen sie Station in Köln oder im Hofbräuhaus, künftig wird die Bolker Straße das begehrteste Ziel in ganz Deutschland sein. Schon denkt man im Rathaus darüber nach, Tribünen längs der Trubelgasse aufzustellen. Dort nehmen dann die Gäste Platz und können beobachten, was die Düsseldorfer schon seit Jahren nachhaltig erfreut.

Sie können sehen, wie größere Gruppen von, sagen wir mal, Gestalten, die sich in mit lustigen Sprüchen bedruckte T-Shirts gewandet haben, herumwuseln und dem vorsorglich schon vorher aufgenommenen Alkohol eine neue Dosis hinzufügen. Eine Dosis, ach Quatsch, Druckbetankung ist das Wort der Stunde. Die Touristen werden zuschauen können, wie Menschen aus winzigen Flaschen in kürzester Zeit größtmögliche Mengen an Alkohol in ihren Körper pressen. Auch Manager der Formel1 werden dort zu Gast sein, weil sie sich für die Pit Stopps ihrer Boliden ein bisschen was abschauen wollen.

Danach darf dann bestaunt werden, wie die Gruppen in den lustigen T-Shirts, Töne von sich geben, die Lieder zu nennen, einer Beleidigung des deutschen Klanggutes gleichkäme. Nein, sie grölen irgendetwas heraus, und dann schreiten sie zum Unvermeidlichen. Eine oder einer aus der Gruppe muss einem ahnungslosen Passanten ein gebrauchtes Kondom verkaufen. Oder so was ähnliches. Dieses geschieht unter größtmöglicher Gackerei der weiblichen T-Shirt-Träger, während die männlichen versuchen, mit CDU-tauglichen Tote-Hosen-Hymnen ihren aktuellen Bewusstseinszustand zu dokumentieren.

Schon wurden osteuropäische Banden gesichtet, die versuchten, einen Junggesellenabschied zu imitieren und aus dem Kondomverkauf Profit zu schlagen. Allerdings blieben sie erfolglos, denn so richtig zum Deppen machen, können sich nur junge Deutsche. Auf jeden Fall so, dass es zum Erwerb der Marke Weltkulturerbe reicht.

Für den Fall, dass ausnahmsweise mal keine Junggesellenabschiedstrüppchen aus dem Umland die Bolker Straße befüllen, hält das Rathaus ein mobiles Sondersaufkommando parat. Das kann in Windeseile T-Shirts mit obszönen Sprüchen bedrucken und schon Minuten später die Bolker Straße bevölkern. Damit die Touristen auch was zum Gucken haben. Man muss eben was tun, wenn man sich der Ehrenbezeichnung Weltkulturerbe würdig erweisen will.

Hans Hoff

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